■ Mit schnellen Bahnen auf du und du: Lange Leitung
Berlin (taz) – Manchmal steht auch er: Nichts rührt sich, stille Aussicht auf Bahndamm und Landschaft dahinter. Der Intercity-Expreß, haben wir Reisende gelernt, ist schnell, aber nicht immer. Am 9. Mai dieses Jahres hat die taz über weitere Schwierigkeiten dieses Zuges berichtet. In Bayern soll er jetzt beschleunigt werden auf einer neuen Strecke mit möglichst wenig Kurven. Das wiederum hat den Bundesrechnungshof alarmiert. Den Kostenprüfern erschien, was da geplant werde, sei „nicht die wirtschaftlichste Lösung“. So schrieben sie an den Verkehrsminister in Bonn.
Der Verkehrsminister nimmt solche Hinweise „sehr ernst“, haben wir mit einer gewissen Beruhigung im Nachrichtenmagazin Spiegel nachgelesen. Es ist gut zu erfahren, daß Verkehrsminister solche Dinge ernst nehmen, wenn auch spät: Die Nachricht erreichte die taz am 20. Juni, also 42 Tage nach unserem Bericht, der außerdem die Ansichten weiterer Kritiker der Bahnplanungen ausführlich dargestellt hatte. Der Intercity- Expreß wäre auf der neuen Strecke nur ein bißchen schneller, vor allem aber sehr viel teurer als auf einer anderen Trasse: Auch das hatte der Spiegel in 42 Tagen mit Hilfe seiner berühmt harten Recherchen in seinem Schnipsel-Archiv herausgefunden.
Was aber tut ein Verkehrsminister, der solche Dinge ernst nimmt? Er tut, wie wir am 9. Mai angekündigt hatten, am 15. Juli den ersten Spatenstich für die neue Strecke, die – leider müssen wir uns hier wiederholen – nicht besonders schnell, aber wahnsinnig teuer ist. Zu teuer für den Rechungshof, wie wir damals berichtet zu haben heute in Erinnerung rufen müssen. Geht es jetzt endlich voran?
Nein, die Sache steht, ist anhängig beim Verkehrsminister, der auch gestern noch keine Stellungnahme abgeben konnte. Es sei denn, wir wollen die Spatenstiche vom 15. des Monats als Stellungnahme werten, was wir aber nicht wollen, denn immerhin hat der Rechnungshof detailliert aufgelistet, wo sich die Bahnplaner verrechnet haben: Vor allem viel zu billig angesetzte Tunnelbauten lassen die Sache in finanztechnisch günstigem Licht erscheinen. Uns scheint, auch der Minister könnte inzwischen über die Gebärdensprache des Spatenstechens hinausgewachsen sein und seinerseits einen Brief geschrieben haben. Aber eben das ist nicht der Fall. Ersatzweise haben sich gestern die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel zu Wort gemeldet: Sie schreiben – seit dem Bericht in unserer Zeitung sind 77 Tage vergangen –, daß der Bundesrechnungshof die geplante Trasse kritisiert: Die Schnellstrecke sei nicht wirtschaftlich und außerdem nicht schnell. Wohl wahr. Niklaus Hablützel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen