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Großes Viertel-Gemauschel um Ortsamtsleiter

■ Grüne Kandidatensuche steckt fest / SPD mit Überraschungskandidatin / CDU ohne Selbstvertrauen

Auf den großen Abgang folgt jetzt die kleinkarierte Suche nach der Nachfolge: Gestern endete die Bewerbungsfrist für den Posten des Ortsamtsleiter für Mitte/Östliche Vorstadt, und hinter den Kulissen ist das Gezerre um die KandidatInnen voll entbrannt. Die Grünen haben sich über Wochen bemüht, einen Nachfolger für Hucky Heck zu finden, und als sie endlich einen hatten, wollten sie sich gar nicht so recht für ihn entscheiden. Die SPD hatte bis kurz vor Ultimo überhaupt niemanden gefunden – und ist nun alles andere als glücklich über die eingegangene Überraschungskandidatin. Und die CDU hat zwar einen ordentlichen Kandidaten aufzuweisen, doch der ist in der eigenen Partei umstritten und große Chancen räumen ihm weder die eigenen ParteifreundInnen, noch er sich selbst ein. So herrscht zu Beginn der Sommerpause große Ratlosigkeit bei denen, die am Ende der Ferien über die neue ViertelbürgermeisterIn entscheiden sollen.

25 Bewerbungen hat der Innensenator gezählt, nicht gerade viele, verglichen mit der Besetzungsrunde für das Neustädter Ortsamt im letzten Jahr. Die Diskussion um die mangelnden Beiräterechte und der Abgang Hecks hat doch Spuren hinterlassen. Das bekamen zuerst die Grünen zu spüren: Eine kleine Findungsgruppe hatte sich über Wochen gemüht, KandidatInnen zu finden – und reichlich Absagen eingefangen. Auch die Bürgerschaftsabgeordnete Elisabeth Hackstein, die schon in der Neustadt im Gespräch gewesen war, winkte nach einigen Tagen ab.

Da waren die Grünen ziemlich froh, als einer von den Besseren in's Überlegen kam: Robert Bücking, parteilos, stadtbekannter Aktivist der Bürgerinitiativ-Bewegung, über Jahre erfolgreicher Jungunternehmer in Sachen Design, bekam wieder Lust auf die Politik. Doch die Freude über den Kandidaten währte nicht allzu lange. Bücking hatte nämlich echte Unterstützung angefordert, und dagegen hatten sich einige Beiratsmitglieder gesperrt. Die wollten zuerst alle KandidatInnen gesehen haben. Die einen einigten sich auf Bücking, die anderen maulten aus grundsätzlichen demokratischen Erwägungen.

Dann meldete sich Bernd Scheda, Kopf des Kulturzentrums Lagerhaus, als Kandidat, und verkomplizierte die grüne Auswahl. Und gänzlich unerwartet kam Werner Knappe dazu, grünes Beiratsmitglied im Bezirk Mitte. Er scheint zwar nicht sonderlich aussichtsreich zu sein, es bleibt aber die ungelöste Frage, wie sich denn der Kandidat Knappe als wahlberechtigter Beirat Knappe verhalten soll, und ob die Stimme nicht am Ende fehlt. Klaus Schaffers, grünes Beiratsmitglied: „Das ist ein echtes Problem.“

Echte Probleme hat auch die SPD, mit der die Grünen eigentlich eine gemeinsame KandidatIn küren wollten. Im Bereich Mitte ist aus einer Viererfraktion zwei Pärchen geworden, die sich schonmal während der Sitzungen gegenseitig angiften, und in der Östlichen Vorstadt hat der SPD-Beirat Raimund Cassalette vor ein paar Wochen Partei und Fraktion verlassen. Seitdem sitzt er als fraktionsloser Abgeordneter im Beirat. So hatte es bis zum letzten Bewerbungstag überhaupt keine SPD-KandidatIn gegeben – kurz vor Schluß traf noch die Kandidatur von Anne Mentzen ein, frühere Mitarbeiterin im Bremer Hansekontor in Rostock, jetzt bei der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAST) beschäftigt. Sie hatte sich schon einmal bei der Parteibasis beworben, um ein Bundestagsmandat, und war durchgefallen. Ihr werden auch bei dieser Bewerbung in der eigenen Partei keine großen Chancen eingeräumt.

Doch sie erfüllt ein Kriterium, das der Kandidat Bücking nie erfüllen kann: Sowohl Grüne als auch SPD hatten sich gewünscht, nun endlich die erste Ortsamtsleiterin in Bremen zu küren. Das könnte alle Parteizuordnungen noch einmal kräftig durcheinanderwirbeln. Profilierte Frauen haben ihre Bewerbung angekündigt, die durchaus eine Chance bekommen könnten: zum Beispiel Wibke Rendigs, Personalrätin im Amt für Soziale Dienste, und Renate Finnie, Abteilungsleiterin bei der Werkstatt Bremen.

Einer fiele dann auch durch den Rost, der sich selbst nur Außenseiterchancen einräumt: Bernd Huse, CDU-Beiratsmitglied aus Schwachhausen, und von allen Seiten hochgeachteter Sprecher des Gesamtbeirats. So geschätzt Huse auch ist, der Wahlkapf wirf seine Schatten voraus, und da wird ihm seine Parteizugehörigkeit wahrscheinlich doch zum Hindernis.

Bis Ende Juli treffen die FraktionssprecherInnen der Beiräte eine Vorauswahl, Anfang September soll die Vorstellungsrunde der KandidatInnen über die Bühne gehen, ein paar Tage später wird gewählt. Dabei könnte sich die Arithmetik durchaus verschieben, wenn die KandidatInnen erstmal in der Bewerbungsmühle sind, und die ganz besonderen Brüche innerhalb der Fraktionen, die jetzt schon sichtbar sind, noch einmal breiter werden. Grüne und SPD allein werden keine KandidatIn durchbekommen. Selbst wenn beide wackeligen Sozialdemokraten aus dem Bezirk Mitte bei der Stange bleiben, kommen nur 14 von 30 Stimmen zusammen. Und die CDU braucht mit ihren neun Stimmen auch starke BündnispartnerInnen. So wird vieles davon abhängen, wie sich die beiden FDP-Beiräte, die beiden VertreterInnen von „Wir im Viertel“ und der Ex-Sozialdemokrat Cassalette verhalten. Ein grüner Beirat: „Jetzt werden wir wohl anfangen, mit den anderen zu sprechen.“ J.G.

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