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Früher gab's halt die besseren Komödien

■ Regisseur Reinhard Münster im Gespräch über seinen neuen Film „Alles auf Anfang“

Als Karikaturen des Filmgeschäfts streiten sich Katharina Thalbach, Harald Junke, Christiane Hörbiger und Detlev Buck in geschliffenen Dialogen und hochkomplizierten Plotwendungen um Rollen, Geld und Liebe – der neue Kinostreifen des Regisseurs Reinhard Münster kommt als eine bewußt altmodische Komödie daher. Da hatte die taz doch einige Fragen an den Filmemacher.

taz: Ich hatte den Eindruck, am Anfang von „Alles auf Anfang“ stand für Sie die Hollywoodkomödie „All about Eve“.

Münster: Ganz am Anfang war Katharina Thalbach, mit der ich in meinem letzen Film „Der achte Tag“ zusammengearbeitet habe, wir beide wollten unbedingt wieder einen Film miteinander machen. Was dann beim Drehbuchschreiben der Startschuß war, kann ich jetzt gar nicht mehr sagen, aber ich verleugne nicht, daß ich einige Sachen bei „All About Eve“ liebevoll geklaut habe, wobei das ja auch eher eine Hommage als ein Diebstahl ist. Dazu kam dann, daß ich schon immer ein Faible für die sophisticated comedies der 30er und 40er Jahre gehabt habe.

Es ist aber doch sehr mutig, sich heute als deutscher Filmemacher an dieses Genre zu wagen. Fast alle Komödien mißlingen bei uns, und die Kritiker erwarten auch schon gar nichts anderes mehr.

Es gab eine sehr gute Tradition von intelligenten Boulevardkomödien in Deutschland, bis die Nazis all die jüdischen Autoren aus dem Land gejagt haben. Und die haben dann für Cukor, Sturges, Mankiewicz oder Lubitsch geschrieben und letzlich dieses Genre in Hollywood mitbegründet. Es ist wohl auch kein Zufall, daß ich bei der Suche nach einem Coautoren für diesen Film bei der New Yorker Jüdin Pamela Katz gelandet bin. Aber ich wußte von Anfang an, daß es schwierig werden würde – ich habe auch mit dem Vorwurf gerechnet, eine rückwärtsgewandte Kömodie gemacht zu haben, aber ich kann mit den gängigen Zeitgeistkomödien überhaupt nichts anfangen. Für meine Begriffe waren die klassischen Dialog- und Schauspielerkomödien schon viel weiter als das, was man heute macht. Ich halte meinen Versuch in diese Richtung für relativ gelungen, aber er ist sicher nicht der Endpunkt dessen, was eine Komödie sein kann.

Für mich ist der Film sehr uneinheitlich – da gibt es viele Schauspieler in guten Szenen mit präzisen und witzigen Dialogen, aber auch große Löcher und Szenen, die mich völlig kalt ließen.

Das merkwürdige bei diesem Film ist, daß jeder ihn anders zu sehen scheint und sich eine Figur herauspickt, die ihm oder ihr besonders gefällt. Ich kann das auch nicht erklären. Wir haben ja statt der zwei oder drei Hauptpersonen, die sonst einen Film tragen, eine Gruppe von sechs Protagonisten mit dem einen Siebten als Satellit, und da gab es immens Schwierigkeiten mit der Exposition sowie damit, sie im Laufe der Geschichte nicht zu verlieren, sondern alle genau in der Waage zu halten. Das war wirklich höhere Mathematik.

Diese Anstrengung merkt man meiner Meinung nach dem Film auch an. Manchmal wirkt er zu konstruiert.

Ja, das mag sein. Ich weiß nur, daß wir wahnsinnig damit gekämpft haben. Wir haben uns die Vorgaben gegeben, daß sich die drei Paare zuerst über Kreuz kriegen, als nächstes sollten dann die Frauen gegen die Männer stehen und zum Schluß sollten sich die drei Paare wieder zusammenfinden. Das war unser Grundkonzept und da mußten wir natürlich wahnsinnig viel hin und herschieben. So schnell werde ich mir sowas auch nicht wieder aufhalsen.

Hier in Bremen läuft der Film ja mit zwei Monaten Verspätung an – wie ist er denn in den anderen Städten angekommen ?

Er war kein Blockbuster, aber in den ersten vier Wochen waren wir mit den Zuschauerzahlen ganz zufrieden. Dann kamen die Fußballweltmeisterschaft und das heiße Wetter, und wer geht jetzt schon ins Kino? Ich ja auch nicht!

Gespräch: Wilfried Hippen

Zu sehen im Cinema, tägl.. 21 Uhr

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