■ Die USA verschärfen die Kuba-Sanktionen: Sehenden Auges in die Katastrophe
Im besten Fall kann man der Clinton-Administration Konzeptionslosigkeit unterstellen – im schlimmsten Fall, daß sie gezielt den Bürgerkrieg heraufbeschwört. Die Entscheidung des US-Präsidenten vom Samstag, die Sanktionen gegen Kuba weiter zu verschärfen, macht endgültig alle Hoffnungen zunichte, die Kuba-Politik der USA könnte endlich vom Ende des Kalten Krieges Notiz nehmen.
Die Regierung Clinton versucht die Quadratur des Kreises: Kubanische Flüchtlinge will man keine mehr haben – die Situation auf Kuba so erträglich machen, daß die Menschen gar nicht erst starten, das kann man sich innenpolitisch nicht leisten. „Bestrafen“ müsse man Fidel Castro, meint der demokratische Senator Bob Graham aus Florida und mit ihm die noch immer führenden reaktionären Teile des kubanischen Exils. Was derzeit geschieht, sind die Ergebnisse einer Politik, die in solch primitiven Kategorien erdacht wird.
Unterstellt man der Politik Bill Clintons aber taktisches Kalkül, so wird die Sache nicht besser: Die Flucht unattraktiv machen, gleichzeitig aber das Leben auf Kuba unerträglich – das steigert natürlich den Druck. Das Ventil des berühmten Dampfkessels auf dem Herd wird dicht zu machen versucht und gleichzeitig der Schalter noch eine Hitzestufe höher gedreht. Wozu aber? Unter dem Druck der USA wird Fidel Castro nicht zurücktreten – vielmehr erhält seine antiimperialistische Rhetorik neue Nahrung, und nicht wenige KubanerInnen werden ihm darin folgen. So bleibt die „Hoffnung“ auf die soziale Explosion auf Kuba. Das aber heißt Bürgerkrieg.
Beide Seiten agieren nach einer verhängnisvollen Dynamik, steuern sehenden Auges in die Katastrophe. Fidel Castro hat seine Drohung wahrgemacht und läßt alle KubanerInnen ziehen, die unter diesen Bedingungen nicht mehr auf der Insel leben wollen – solange sie keine staatlichen Boote klauen. Von politischen Schritten aber, die trotz weiterbestehenden Embargos die Situation der Menschen auf Kuba verbessern könnten, ist keine Rede. Castro erklärt sich schlichtweg für nicht zuständig, solange die Aggressionen der USA nicht aufhören. Eine Bankrotterklärung eines Revolutionärs, der über der Frage des Machterhalts vergessen hat, warum und für wen eigentlich jene von ihm geführte Revolution einst siegte. Und in den USA haben jene Ewiggestrigen den Mangel der Clinton-Regierung an eigenen Politik-Konzepten ausgenutzt, die noch wie in Zeiten des Kalten Krieges das sozialistische System zur Gänze am Boden sehen wollen, koste es, was es wolle. So nehmen beide Seiten einen blutigen Showdown in Kauf, in dem die Menschen keine Rolle mehr spielen. Bernd Pickert
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen