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Pikfeine Zellen

■ Findorffer Polizeirevier frisch renoviert

Die Toilettenspülung im Zellentrakt kann ein Beamter von außen bedienen, um der eventuellen Entsorgung von Beweismitteln vorzubeugen. Groß ist da die Freude bei den Findorffer PolizistInnen, die seit dem Umbau ihrer Dienststelle diese famose Einrichtung ihr eigen nennen dürfen. Gestern hat Innensenator Friedrich van Nispen persönlich die Einweihung der sanierten Räume vorgenommen.

Es habe ihn die Neugierde angelockt, wo das viele Geld für die Modernisierung geblieben sei, sagte van Nispen während seiner Ansprache. Rund 1,5 Millionen Mark hat sein Ressort zur Verfügung gestellt, damit den 54 PolizistInnen in Findorff die Arbeit mehr Spaß macht.

Stolz führt Revierleiter Bertram Kittel den Senator und die anderen geladenen Gäste durch das in neuer Frische glänzende Gebäude. Schließlich gibt es erheblich mehr zu bestaunen, als allein die herrliche Toilettenspülung. In einer der neuen Zellen ist es etwa möglich, ungebärdige Delinquenten mit festen Bändern zu arretieren. Sonst ist die Ausstattung schlicht: eine Kunstledermatte auf gemauertem Podest, alles sauber gefliest und abwaschbar, weil hier mancher sein Innerstes zurückläßt.

Danach führt Kittel die Häkelidylle des Sozialraumes der PolizistInnen vor, die sich dort bei Fernsehen und Gesellschaftsspielen von ihrem harten Dienst erholen können.

Doch in der Sicherheitsschleuse weht die Besucher die rauhe Realität des Revierlebens an: zur einen Seite liegen die Schreibstuben zur anderen der Wachraum, mit durchschußsicheren Fenstern verglast, zu dem sonst nur die Beamten Zutritt haben. Dort befindet sich das neue Computersystem. Noch vor einem Jahr mußten die PolizistInnen zwischen speckigen Aktendeckeln nach Kfz-Kennzeichen und Adressen suchen. Nun geht das ruckzuck per Return-Taste. Auch Daten des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden können jetzt von Findorff aus angezapft werden. Das Böse aus Bremen ist immer und überall.

Im Wachraum hat den Senator übrigens ein Beamter in wilhelminischer Uniform begrüßt: mit schneidiger Pickelhaube, dreiviertellangem Rock und feschem Säbel. Das sollte ein Gag sein und zeigte doch auch eine versteckte Sehnsucht der Beamten: nach dem alten Respekt der Untertanen, aber aufgerüstet mit zeitgenössischen Equipment. abi

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