: Auch GIs waren keine Umweltengel
■ In Hessen läuft die Konversion ehemals militärisch genutzter Areale nur schleppend an
Wiesbaden (taz) – Umweltengel waren die GIs der US-Army und der US-Air-Force in Westdeutschland durchaus nicht. Aber einen solchen „Saustall“ wie die Rote Armee in Ostdeutschland haben die Yankees in Hessen nach ihrem Abzug von diversen Standorten nicht hinterlassen. Das jedenfalls meinte gestern in Wiesbaden eine Konversionsexpertin der HLT Gesellschaft für Forschung, Planung und Entwicklung, die im Auftrag der Landesregierung die Hinterlassenschaften der US-Amerikaner und auch der Bundeswehr untersucht hat. Jetzt sucht sie neue Investoren für die Areale und Gebäudekomplexe.
So richtig „verseucht“ sind aber die voraussichtlich 1997 in die Hände der Frankfurter Flughafen AG (FAG) übergehende Air Base direkt neben dem Zivilflughafen und ein riesiger Panzerabstellplatz in Gelnhausen, erklärt Wirtschaftsminister Lothar Klemm (SPD). Die Sanierung der belasteten Areale sei dringend notwendig – doch wer soll das bezahlen? Im Prinzip, so Klemm, müsse der Bund, in dessen Besitz die meisten Hinterlassenschaften der US- Amerikaner übergegangen sind, die notwendigen Mittel für die Sanierung bereitstellen. Doch in Bonn verschrecke man potentielle Interessenten eher noch zusätzlich, indem die Gelände überteuert angeboten würden.
Hessen setzt deshalb vor allem auf die von der Europäischen Union (EU) für die Konversion bereitgestellten Mittel. Rund 150 Millionen Mark hat das Land aus dem Konver-Programm der EU erhalten – für Sanierungs- und Erschließungsmaßnahmen all der Liegenschaften, bei denen auch der Bund zur Kooperation bereit war. Und zwei planerisch abgeschlossene Konversionsprojekte konnte Klemm auch schon vorstellen: Auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne in Marburg wird ein Software-Zentrum entstehen. Aus EU-Mitteln gab es dafür 2,7 Millionen Mark. Das Land legte aus Technologiefördermitteln noch einmal drei Millionen Mark drauf. Und in Herborn-Seelbach soll das Institut für Entwicklungsmethodik und Fertigungstechnologien umweltgerechter Produkte (IUP) in eine ehemalige Schule der US-amerikanischen Streitkräfte einziehen. Für Ankauf und Umbau der Schule flossen 1,06 Millionen Mark aus dem EU-Topf.
Doch in den Genuß von EU- Fördermitteln kommen nur Landkreise oder Städte, die durch den Abzug alliierter Streitkräfte oder der Bundeswehr den Verlust von mehr als tausend Arbeitsplätzen zu verzeichnen hatten. So ging bislang etwa der Rheingau-Taunus- Kreis leer aus, weil der „nur“ den Verlust von 986 Arbeitsplätzen nach Wiesbaden und Brüssel melden konnte.
Ein „großes Problem“, so Klemm abschließend, seien die „ganz großen Flächen“ – vor allem im strukturschwachen nordhessischen Raum. Dagegen ist man in Wiesbaden zuversichtlich, die verkehrstechnisch günstig gelegenen Gelände in den nächsten Jahren in Wohn- oder Gewerbegebiete umwandeln zu können. Damit das funktioniert, setzt die Landesregierung auf eine Fortschreibung der EU-Konver-Unterstützung über das Jahr 1997 hinaus. Klaus-Peter Kingelschmitt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen