: Schweden: Opposition zu Saddam kein Asylgrund
■ Behörden in Stockholm weisen regimekritischen irakischen Journalisten nach Jordanien aus – trotz eindringlicher Warnung des UN-Flüchtlingskommissariats
Stockholm (taz ) – Der regimekritische irakische Journalist Jawad Hisham-Ali ist am Sonntag im Rahmen einer Blitzaktion der schwedischen Ausländerbehörden ausgewiesen worden. Zuvor war ein von ihm gestellter Asylantrag abgelehnt worden. Trotz eindringlicher Warnungen des UN-Flüchtlingskommissariats und zahlreicher Solidaritätserklärungen sahen die Behörden in Stockholm keine Veranlassung, die Abschiebung zu stoppen. Laut letzten Berichten soll Jawad Hisham-Ali gestern in Begleitung zweier schwedischer Polizeibeamter in Jordanien angekommen sein. Hisham- Alis Frau und seine 15jährige Tochter konnten dem Zugriff der Polizei entgehen und halten sich in Schweden versteckt.
Jawad Hisham-Ali hatte offen den irakischen Diktator Saddam Hussein kritisiert und war daher gezwungen, sein Land vor dem Beginn des Golfkrieges 1990 zu verlassen. Er hatte sich zunächst in verschiedenen arabischen Ländern niedergelassen, unter anderem in Jordanien. Eigenen Angaben zufolge waren irakische Agenten hinter ihm her, die ihn aufspürten und bedrohten. Schließlich gelangte er vor gut einer Woche mit seiner Familie nach Schweden und stellte einen Asylantrag. Die Behörden waren allerdings der Auffassung, Hisham-Ali habe nach dem in Schweden geltenden Prinzip des ersten Asyllandes bereits in Jordanien Schutz gefunden.
Eine Auslegung, die vom UN- Flüchtlingskommissariat in einer der schwedischen Regierung zugestellten schriftlichen Einschätzung als unzutreffend bewertet wurde: Jordanien habe nicht nur die UN- Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet, es sei darüber hinaus gerade für Flüchtlinge aus dem Irak kein sicheres Asylland. Es sei bekannt, daß irakische Agenten offen im Lande arbeiten dürften. Wiederholt seien Saddam-Gegner in Jordanien vermutlich von Agenten ermordet worden. Eine Einschätzung, die von Hisham-Alis schwedischem Anwalt, Hans Bredberg, geteilt wird: „Nach allen Informationen, die wir haben, besteht für ihn große Gefahr, in Jordanien ,hingerichtet‘ zu werden.“
Die schwedischen Behörden berufen sich auf ein – bislang öffentlich nicht bekanntes – vergleichbares Vorgehen in früheren Fällen. Laut Johan Fischerström, Chef des Ausländeramtes, habe man mehrfach irakische Flüchtlinge, die über Jordanien gekommen seien, dorthin ausgewiesen, ohne daß etwas passiert sei: Flüchtlinge würden von Jordanien nicht in den Irak ausgewiesen, und „wenn irakische Agenten Hisham-Ali ermorden wollen, so können sie das auf der ganzen Welt, da spielt es keine Rolle, wo er sich befindet“. Reinhard Wolff
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