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■ "Parolen und Polemik"

„Parolen und Polemik", Mi., 21.48 Uhr, ARD

„Für den Inhalt der Wahlwerbespots sind die Parteien verantwortlich“, heißt es vor jedem der Bundestagswahlkampfclips, die ARD und ZDF seit dieser Woche wieder austrahlen müssen. Über 90 Prozent der deutschen WählerInnen halten die TV- Parteienwerbung für überflüssig, und der SPD-Film, der vor „Parolen und Polemik“ zu begutachten war, zeigte einmal mehr, wieso: Mensch Scharping leiert zu wackeligen Super-8-Familienfilmen aus den siebziger Jahren einige Wahlparolen herunter. Und deshalb soll man ihn wählen?

Intelligenter war Wahlwerbung allerdings auch früher nicht, wie die nachfolgende Dokumentation zeigte. Schon immer hat die CDU den real existiert habenden Sozialismus als Horrorszenario aufgefahren, wenn ihr sonst nichts mehr einfiel; und auch die SPD bleibt sich treu: Bereits 1961 setzten die Sozialdemokraten auf einen Personenwahlkampf. Allerdings nicht mit B-Besetzung, sondern mit Mensch Brandt, den wir beim Bötchenfahren auf dem Schlachtensee erleben. Die CDU schlägt unterdessen immer noch auf die DDR ein, um die SPD zu treffen. 1972 engagiert diese Michael Pfleghar, der die Moderne in die Parteizentrale trägt: Zu schnellen Montagen von Neubausiedlungen, lächelnden Menschen und der Apollo8 werden nun 8.000 Kilometer neue Autobahn versprochen! Wow!

Leider beschränken sich Jutta Ackermann und Wolfgang Dresler in ihrem Film auf eine amüsante Kuriositätenschau. Dabei ist Wahlwerbung eigentlich kein komisches Thema, wie zur Zeit die „Parolen und Polemik“ im Abendprogramm zeigen: Die Wahlwerbung heute scheint die Wähler immer noch nicht ernster zu nehmen als 1953. Tilman Baumgärtel

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