■ Nach der verheerenden Wahlniederlage der Bündnisgrünen in Sachsen und Brandenburg: Die Revolution frißt ihre Kinder!
Das Wahlverhalten der Menschen in den jungen Bundesländern bringt Politiker und Wahlanalytiker gleichermaßen in einen argen Erklärungsnotstand: Bei den Kommunalwahlen im Juni erlangte die CDU besonders in Krisenstandorten wie dem thüringischen Bischofferode hohe Ergebnisse, in Gebieten mit niedriger Arbeitslosigkeit oder in Eigenheimsiedlungen wurde die PDS gewählt. Die Demoskopen raufen sich die Haare. Eine traurige Konstante indes ist erkennbar: Die ostdeutschen Wählerinnen und Wähler – man blicke auf die Ergebnisse der letzten Landtagswahlen – wählen munter die Nachfolger ihrer einstigen Unterdrücker und schicken die Vertreterinnen und Vertreter vom Bündnis 90 sowie dem Neuen Forum, die im Herbst 1989 die DDR-Nomenklatura zum Teufel gejagt haben, als Politrentner nach Hause.
Das ist zweifellos grotesk. Forums- und Bündnispolitiker haben die Wende herbeigeführt und für demokratische Grundrechte gekämpft. Sie müssen weiterhin ihren Platz in den Parlamenten haben, zumal gerade die meisten der ostdeutschen Grünen den Willen zur Macht mit einer programmatischen Perspektive verbinden. Ihnen geht es nicht um Utopien, sie kämpfen pragmatisch und realistisch für die Umwelt, für Menschenrechte, und sie werden nicht müde, Anstöße für notwendige gesellschaftliche Veränderungen zu geben. Sie sprechen Klartext, und so erteilen ostdeutsche Bündnispolitiker, klammert man das Beispiel Sachsen-Anhalt aus, zumeist auch dem PDS- Eierkurs der SPD eine deutliche Absage. Als Motivation hierfür anzuführen, die Bündnisgrünen fürchteten die PDS perspektivisch als die dominierende Linke in Deutschland, greift zu kurz. Ihre Absage an die PDS gründet wohl eher darauf, daß sie hier gelebt haben und wissen, wer und was sich hinter der PDS verbirgt.
Bleibt zu hoffen, daß die der Linken zugehörigen Wählerinnen und Wähler bei den nächsten Wahlen in den Kabinen dafür sorgen, daß fünf Jahre nach dem Fall der Mauer die Kinder der Revolution nicht gänzlich gefressen werden. Holger Doetsch
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