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Hamburg ist nicht Aachen

■ Alle wollen Sonnenenergie fördern - aber wie anfangen?

Das Thema fand nicht statt. Eigentlich wollte der Senat am vergangenen Dienstag den neuen Konzessionsvertrag zwischen der Hansestadt und den Hamburgischen Electricitätswerken (HEW) absegnen, der dem Staatssäckel höhere Konzessionsabgaben und den HamburgerInnen eine saftige Strompreiserhöhung beschert. Doch die Senats-Vorlage wurde im allerletzten Moment von der Tagesordnung gekippt, nach heftiger Intervention des SPD-Fraktionsarbeitskreises Umwelt.

Der Grund: Alle Rathaus-Parteien treten dafür ein, daß es in Hamburg zukünftig eine Förderung von Solar- und Windkraftanlagen in Anlehnung an das „Aachener Modell“ gibt. Danach erhält jeder Betreiber einer solchen Anlage, der den Strom ins Netz einspeist, eine kostendeckende Vergütung von den Elektricitätswerken – statt heute 27 Pfennigen pro Kilowattstunde dann bis zu zwei Mark. Strittig aber ist, ob solche energiepolitischen Maßnahmen im Konzessionsvertrag festgeschrieben werden dürfen. Die GAL und zahlreiche Umweltgruppen meinen ja.

Doch weil für die Umweltbehörde nach Auskunft ihres Sprechers Kai Fabig „energiepolitische Vorgaben für die HEW rechtlich in einem solchen Vertrag nichts zu suchen haben“, beschränkt sich das ausgehandelte Vertragswerk auf die Festlegung der Gebühren, die der Stromversorger an die Stadt abführen muß. Da die Diskussion um das „Aachener Modell“ zur Zeit in Hamburg hohe Wellen schlägt, sahen SPD-Energiepolitiker in einem allzu eiligen Durchwinken des Konzessionsvertrags im Senat „ein falsches Signal“ (umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion Jens Peter Petersen). Kurzerhand kippten sie deshalb die Senats-Tagesordnung.

Der SPD-Arbeitskreis fordert nun, „daß die Förderung der Solarenergie deutlich nach oben“ geht, ganz im Sinne des Achener Modells. Allerdings ist auch Petersen wie die Umweltbehörde der Auffassung, daß solche energiepolitischen Vorgaben „nicht in den Konzessions- sondern in den Kooperationsvertrag“ mit den HEW gehören, den die Umweltbehörde seit Monaten mit dem Stromversorger aushandelt. Das Problem: Die Verhandlungspartner Umweltsenator Vahrenholt und HEW lehnen das Aachener Modell bislang ab und könnten deshalb am Willen der Bürgerschaftsfraktionen vorbei verhandeln.

Mit Seitenblick auf Vahrenholt bemerkt SPD-Umweltsprecher Petersen deshalb, „daß eine wesentlich größere Förderung der Solarenergie vonnöten ist, als einige Senatoren noch vor ein paar Wochen gedacht haben“.

Zudem erwartet der Umweltfachmann, daß der Kooperationsvertrag den Parteien in einem „noch verhandelbaren Zustand“ präsentiert wird, so daß die zu erwartenden „Aachen-Beschlüsse“ der Bürgerschaft noch eingearbeitet werden können. Petersen: „Sonst wird es einen Heidenärger geben“.

Marco Carini

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