: Aus Protest wurde Prost
■ Klein-Borstel hat endlich seine Postagentur
Gefeiert wurde gestern in Klein-Borstel, denn die AnwohnerInnen haben gesiegt: Nach einem Jahr des Kampfes um ihr Postamt haben die BorstelerInnen nun eine Postagentur. Die soll jene Lücke füllen, welche durch die Schließung des kleinen Postamtes am 11. Oktober vergangenen Jahres entstanden war.
Mit Politprominenz wie Krista Sager von der GAL, Wolfgang Curilla (SPD) und Dirk Fischer von der CDU sowie einer Tombola – zu gewinnen gab es ein Holland-Fahrrad – freute sich Klein-Borstel: Aus dem Post-Protest wurde ein Post-Prost.
Doch „die Politiker müssen aufpassen“, sagt Barbara Hamann, eine derjenigen Frauen, die in dem provisorischen Zelt ein Jahr lang bis zu 20 Stunden in der Woche Briefmarken verkauften, „wir sind gewachsen mit der Aufgabe“. Renate Lang, ebenfalls aktive Protestlerin, nickt: „Wir wollen der Agentur 100 Tage Zeit geben und dann Bilanz ziehen“. Sollten die Versprechen der Bundespost nicht eingehalten werden, wären sofort wieder fünfzig Leute auf der Straße.
Tim Rosacker, Leiter der Postagentur und als solcher Selbständiger mit einem Bundespost-Provisionsvertrag, will seine Arbeit „locker“ angehen. In dem winzigen Raum, der früher nur den kleineren Teil des umkämpften Postamtes ausmachte, wollen er und drei Damen sowie ein älterer Herr nun Post-Dienste anbieten. Allerdings sollen keine Bankauszahlungen über 10.000 Mark möglich sein, auch der Umtausch in ausländische Währung wird nicht angeboten. Zusätzlich fehlen in der Agentur Dienste wie handvermittelte Telefonate, Telegrammaufgabe und der Fax-Dienst.
Doch viele der ProtestlerInnen scheinen zufrieden und fühlen sich wie Renate Lang „erleichtert“. Schließlich hat sie der Kampf viel Geld und Zeit gekostet. Nun will Lang ihre Zeit wieder für „Privatvergnügen“ nutzen. Barbara Hamann nickt: Während des vergangenen Jahres habe es viele Ehekrisen gegeben, da müsse man sich jetzt drum kümmern. ab
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