piwik no script img

Große fressen Kleine

■ Weniger Tankstellen bald auch in Hamburg / Umweltschutz zu teuer

Seit den Siebzigern sinkt die Zahl der Tankstellen kontinuierlich. Waren es 1970 rund 46.000 in der BRD, so sind es heute nur noch 18.000 in den neuen und alten Bundesländern – ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.

„In den nächsten Jahren wird jede fünfte Tankstelle schließen“, prophezeit Jürgen Ziegner vom Zentralverband des Tankstellen- und Garagengewerbes. Auch Hamburg – laut Zählung von 1992: 255 Tankstellen – werde betroffen sein, obgleich weniger als Flächenländer wie Niedersachsen oder Schleswig-Holstein: „Viele Betriebe im ländlichen Raum werden dichtmachen.“ Die Gründe dafür sind vielschichtig.

Der wichtigste sind mutmaßlich die gesetzlich vorgeschriebenen und bis 1998 durchzuführenden Umweltschutz-Investitionen wie Gasrückführung (Saugrüssel) oder flüssigkeitsdichte Fahrbahnversiegelung. „400.000 Mark pro Tankstelle kommen leicht zusammen“, sagt Ziegner und klagt: „Da wurde mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“ Vor allem für die kleinen und oft als Familienbetrieb geführten Eigentümertankstellen lohnt sich die Umrüstung bei ihren relativ niedrigen Umsätzen nicht. Für die Pächter sieht es besser aus: Einen Großteil der Kosten übernimmt der jeweilige Konzern.

Der verglichen mit dem Vorjahr 1994 um vier Prozent gesunkene Benzinverbrauch und der Tanktourismus nach Luxemburg oder Polen taten ihr übriges. „Wir wissen nicht, wie langfristig die Entwicklung sein wird“, so Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband. Es sei rätselhaft, wieso sich nach der Erhöhung der Mineralölsteuer im Januar der Absatz nicht – wie in der Vergangenheit – nach zwei, drei Monaten wieder auf dem Ausgangsniveau eingependelt hat.

Für Hubert Brockmeier, Geschäftsführer des Tankstellen-Bundesverbandes, steht hingegen fest, wie es weitergeht: „Weniger Betriebe und steigender Verkauf pro Tankstelle.“ Also: Die Großen fressen die Kleinen. Clemens Gerlach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen