piwik no script img

■ Mehr Sicherheit in der S-BahnMenschen machen Schutz

Manch einer, der Gewalttaten gegen ausländische Menschen nicht konsequent geahndet sieht, wird sich in seinem (Vor-)Urteil bestätigt fühlen. Sobald es nicht nur Ausländer trifft, sondern Skinheads bei einer Serie von Überfällen deutsche S-Bahn-Passagiere mißhandeln, wird der Ruf nach schnellen Maßnahmen laut. Doch solcherart Bitterkeit hilft nicht weiter. Unzweifelhaft muß alles getan werden, was die Sicherheit der S-Bahn-Nutzer erhöhen kann. Mehr Aufsichtspersonal bereitzustellen, ist ein Weg. Das hat die BVG bei der U-Bahn bewiesen, auch wenn es des öfteren Kritik an dem Auftreten der uniformierten Sheriffs gegeben hat. Grundsätzlich gilt, daß zu einem Gefühl von Sicherheit Menschen dazugehören und nicht leergefegte Bahnhöfe – das muß bei allen Planungen, durch kameraüberwachte Bahnsteige in der Nacht anstelle von teurem Personal Geld einzusparen, ein wesentliches Gegenargument sein. Den Ideen dürfen keine Grenzen gesetzt werden; selbst die Übernahme eines Kölner Modells, eine Bar im S-Bahn-Waggon zu installieren, um zwischenmenschliche Berührungen und ein Gruppengefühl herzustellen, zählt dazu.

Alle diese Überlegungen aber sind nichts wert und müssen vergeblich bleiben, wenn Menschen nicht eingreifen oder – wie jüngst im Fall des mißhandelten und aus dem Zug geworfenen Ghanaers geschehen – nicht einmal bereit sind, sich nachträglich als Zeugen zu melden. Video-Kameras in den Waggons sind deshalb das Eingeständis einer Niederlage. Ihre abschreckende Wirkung ist minimal, sie sind doch nur für die kriminalistische Hinterher-Auswertung brauchbar. Vom Schreibtisch aus – die erbärmliche Angst, die Menschen in der konkreten Situation empfinden, außer acht lassend – läßt sich ein Eingreifen leicht fordern. In der Realität braucht es mehr, vor allem Maßnahmen öffentlicher Stellen. Die Zivilcourage von Menschen vergrößert sich nämlich nur im selben Maße, wie die Gewißheit steigt, daß Hilfe nicht weit ist. Verstärkte Streifengänge, Begleitpersonal und verriegelte Türen sind deshalb flankierende Maßnahmen. Fehlt derartiges, fühlen sich auch die Menschen nicht aufgerufen. Wie erfolgreich es aber sein kann, sich zu überwinden, hat am Wochenende eine unbekannte achtzehnjährige Frau bewiesen, deren Eingreifen verhinderte, daß ein Mann aus dem Zug geworfen wurde. Gerd Nowakowski

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen