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Der Aufstieg kommt nach dem Fall

Der Rubel macht seinen massiven Kurseinbruch wieder wett / Moskaus Wechselstuben arbeiten wie zuvor / Kosmetische Korrektur an der Spitze des Finanzministeriums  ■ Aus Moskau Klaus-Helge Donath

Ein meteoritenhafter Aufstieg ist dem freien Fall des Rubels gestern an Moskaus Devisenbörse gefolgt: Für einen US-Dollar mußten nur noch 2.994 Rubel hingeblättert werden — ziemlich genau so viel wie vor den Turbulenzen des „schwarzen Dienstags“, als der Rubel 25 Prozent seines Kurswertes gegenüber dem Dollar eingebüßt hatte. Die Zentralbank griff zur Stützung massiv ein. Die Wechselstuben in Moskau tauschten wieder zu den üblichen Konditionen.

Hingegen hielten die politischen Turbulenzen an. Jelzins Sprecher Kostikow sprach erneut von einem „versuchten finanziellen Coup“, um die Regierung in Mißkredit zu bringen: „Ich kann nicht ausschließen, daß eine geheime Waffe der Kommunistischen Partei zum Einsatz kam – Geld, das dem Land und dem Volk gestohlen wurde.“ Es gebe, so Kostikow, eine Reihe Banken, die mit ultranationalistischen Kräften und Kommunisten auf das engste verknüpft seien. Er wolle nicht ausschließen, daß diese Banken einen direkten politischen Auftrag ausgeführt hätten.

Hinweise darauf, welche Geldinstitute in Verruf geraten sein könnten, gab es gestern in Moskau jedoch nicht. Sogar Viktor Tschernomyrdin, der als Premierminister direkt in der Schußlinie steht, wies derartige Hypothesen zurück. Natürlich sei es auch für ihn einfacher, sinistren Machenschaften bestimmter kommerzieller Strukturen die Schuld zuzuschieben, meinte Tschernomyrdin. Aber: „Es gab offenkundige Fehler der Regierung und der Zentralbank.“

Die Verschwörungstheorie, ein Relikt aus Sowjetzeiten, scheint dagegen Jelzin ausschlachten zu wollen, um neuen Rückhalt in der Bevölkerung zu finden. Komplotte und Verschwörungen lassen sich einfachen Menschen gerade in Rußland leicht verständlich machen. Sie haben zudem den Vorteil, daß sie zur Solidarisierung herausfordern. So wie es aussieht, wird die Regierung – ungeachtet des im Parlament anstehenden Mißtrauensvotums – sogar gestärkt aus dem Chaos hervorgehen. Zumal es nach außen scheint, als habe Jelzins entschiedenes Auftreten, das Boot wieder ins Lot gebracht.

Als Nachfolger des geschaßten Finanzministers Dubinin ernannte Tschernomyrdin den 33jährigen Andrej Wawilow, der eher dem Reformlager zuzurechnen ist. Wawilow war einer der russischen Chefunterhändler mit westlichen Banken in der Schuldenfrage und zuletzt erster Stellvertreter Dubinins. In dieser Eigenschaft war es eigentlich er, der während des dramatischen Rubelsturzes Anfang der Woche verantwortlich zeichnete. Sein Chef weilte im Ausland. Die Auswechslung an der Spitze des Finanzministeriums hat somit eher kosmetische denn politische Funktion: Es sollte Entschlossenheit demonstriert werden. Eine Kurskorrektur kann man daraus nicht ableiten.

Noch nicht entschieden ist das Schicksal des konservativen Zentralbankchefs Viktor Geraschtschenko. Darüber zu befinden hat das Parlament. Jelzin scheint auf seiner Entlassung zu bestehen und soll den ehemaligen radikalreformerischen Finanzminister Boris Fjodorow auf diesem Posten favorisieren. Letzterer hatte die Regierung zu Jahresanfang verlassen – unter anderem deshalb, weil er die inflationstreibende Politik des Zentralbankchefs für unverantwortlich hielt.

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