: In sieben Wahlkreisen wird es spannend
Berliner entscheiden über das Schicksal der PDS / Grüne haben erstmals Aussicht auf ein Direktmandat / Verliert CDU in Spandau und Tiergarten/ Wedding/ Charlottenburg Nord die Mehrheit? ■ Von Dirk Wildt
Wenn am Sonntag abend kurz nach 19 Uhr die erste Hochrechnung aus den Bezirken vorliegt, werden Wähler und Wahlkämpfer auf sieben von dreizehn Berliner Wahlkreisen ein besonderes Augenmerk werfen. In diesen Kreisen wird das Schicksal der PDS entschieden, ob Bündnis 90/ Die Grünen erstmals ein Direktmandat gewinnen und ob die CDU ihre Mehrheit und Direktmandate an die SPD abgeben muß.
2,5 Millionen Berliner Wahlberechtigte sind zur Wahl des Bundestags aufgerufen. Doch in fünf der dreizehn Wahlkreise ist die Wahl faktisch gelaufen. Welche Partei die meisten Zweitstimmen erhalten und welcher Direktkandidat das Rennen machen wird, gilt in Reinickendorf, Zehlendorf/ Steglitz, Charlottenburg/Wilmersdorf, Tempelhof und Neukölln als entschieden: Die CDU hat bei der Bundestagswahl 1990 und bei der Europawahl in diesem Juni ihre deutliche Mehrheit halten können. Ihre Kandidaten Diethard Schütze, Gero Pfennig, Dietrich Mahlo (alles Rechtsanwälte), Rupert Scholz (Hochschullehrer) und Dankward Buwitt (Kaufmann) können mit einem Direktmandat rechnen. Die fünf werden aber in jedem Fall in den Bundestag einziehen, da sie auf den aussichtsreichen Plätzen der CDU-Landesliste positioniert sind.
In Tiergarten/ Wedding/ Charlottenburg Nord und in Spandau hat die SPD dagegen bei der Europawahl deutlich aufgeholt. Und wenn der Trend sich morgen fortsetzen sollte, könnten die Sozialdemokraten hier die Gewinner sein. Der Kampf ihrer Direktkandidaten Jörg-Otto Spiller (Bezirksbürgermeister) und Wolfgang Behrendt (Politologe, MdA) gegen ihre Konkurrenten von der CDU Siegfried Helias (Friseurmeister) und Heinrich Lummer (Elektromechaniker, MdB) ist nicht aussichtslos. Aber auch hier: Alle vier sind auf Landeslisten abgesichert.
Zu den fünf spannendsten Wahlkreisen zählt Kreuzberg/ Schöneberg. Bündnis 90/ Die Grünen lagen bei der Europawahl erstmals vor SPD (27,7 Prozent) und CDU (24,9 Prozent). Direktkandidat Hans-Christian Ströbele (Rechtsanwalt) könnte mit den Erststimmen ein Mandat holen, was als bundesweites Signal zu werten wäre. Im Gegensatz zu seinen Gegenkandidaten Kurt Neumann von der SPD (Rechtsanwalt) und Jochen Feilcke von der CDU (Verbandsreferent) ist der Grüne nicht auf der Landesliste seiner Partei abgesichert.
Über Berlin hinaus interessiert vor allem aber der Wahlkreis Mitte/ Prenzlauer Berg. Hier tritt Wolfgang Thierse (SPD) gegen Stefan Heym (PDS) an. Bei der Europawahl erhielt die SPD mit 22,3 Prozent weniger als zwei Drittel der Stimmen der PDS (38,3 Prozent). Diese wird die Fünfprozenthürde wohl nicht überspringen und kann deshalb nur in den Bundestag einziehen, wenn drei Kandidaten ein Direktmandat holen. Neben Heym haben die PDS-Direktkandidaten in Hellersdorf/Marzahn (Europawahl 44,2 Prozent), in Friedrichshain/Lichtenberg (Europawahl 43,7 Prozent) und inzwischen wohl auch in Hohenschönhausen/ Pankow/ Weißensee (Europawahl 38,2 Prozent) gute Chancen: Gregor Gysi (Rechtsanwalt, MdB), Christa Luft (Dipl.-Wirtschaftlerin) und Manfred Müller (Landesvorsitzender der Gewerkschaft HBV).
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