Standbild: "Dollar"-Verfall
■ betr.: "Dollar" mit Kai Böcking
„Dollar“, mit Kai Böcking, Di., 19.45 Uhr, West 3
Angeblich ist die neue WDR- Show „Dollar“ ein „Quiz für schlaue Leute“. Und weil solche Menschen die Regeln des Frohsinns sowieso schon kennen, erklärte Ex-„Formel-Eins“-Moderator Kai Böcking das sattsam bekannte Spielprinzip auch gar nicht mehr: Fünf Kandidaten müssen Fragen zu ihren Spezialgebieten beantworten. Wer richtig rät, kann bis zu 6.400 US-Dollar gewinnen. Wer versagt, fliegt raus.
Ursprünglich hieß das mal „The $ 64.000 Question“, war im US-Fernsehen der 50er ein Riesenerfolg und wurde deshalb von den „schlauen Leuten“ der ARD schon 1956 als „Alles oder nichts“ für den Deutschen TV- Markt abgekupfert. 1988 flog die Rateshow dann aber zu recht als Anachronismus aus dem Programm.
Doch nicht nur das Showkonzept, auch die Kandidaten scheinen als Opfer einer TV-Kreislaufwirtschaft wiederaufbereitet worden zu sein: Die Sekretärin Chris, die tausend Mal in der „Rocky Horror Picture Show“ war, meine ich schon mal bei „Arabella“ auf Pro 7 gesehen zu haben, und auch ihre MitstreiterInnen hatten nur mäßig „ungewöhnliche Kenntnisse“: da war die Hausfrau aus Stuttgart mit dem Spezialgebiet „Super Marion Brothers“, ein Formel-Eins-Fan aus Österreich, ein zwölfjähriger Dino-Experte und der HIV-positive Ralf aus Hilden, der makabererweise alles über Kondome wußte. Zum Beispiel, daß Babyöl einen Pariser in 22 Sekunden zersetzt.
Das war dann aber auch alles, was man sich von „Dollar“ merken sollte. Denn weder die wackelnde Kamera noch die sich in Trockeneisnebel zur Decke streckende Studiotreppe konnten es vertuschen: „Dollar“ kommt aus der TV-Steinzeit. Und wäre dort auch besser geblieben. Tilman Baumgärtel
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