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3000 Mark fürn Arsch

■ Aus der Verkehrspraxis: ein kräftiger Tritt ins Gesäß /„Du ...loch, was beschädigst du mein Eigentum?“

Gestern vormittag stand der 43jährige Gerhard W. vor den Schranken des Amtsgerichts. Der Vorwurf des Staatsanwalts: Der selbständige Inhaber eines Reinigungsunternehmens soll im April diesen Jahres dem 56jährigen Fußgänger Rainer M. „nach einem belanglosen Verkehrsvorfall kräftig in das Gesäß getreten haben“. Vulgo: Er versetzte seinem Straßenverkehrspartner einen kräftigen Arschtritt – mit unterschiedlichen Folgen. „Ich hatte acht Tage einen blauen Fleck“, klagte M., der dennoch nicht beim Arzt gewesen war. Für den leicht fülligen W. kam es dicker: Amtsrichterin Jutta Kugler verdonnerte den Schnauzbart zu 3000 Mark Geldstrafe. Zwei Drittel muß der nicht Vorbestrafte an die Allgemeine Sozial- und Hinterbliebenenhilfe zahlen, 1000 an den Getretenen, der auf weiteres Schmerzensgeld verzichtet.

So friedlich wie am Schluß der halbstündigen Verhandlung ging es am 21. April 1994 gegen Mittag am Grevenweg/Ecke Wendenstraße nicht zu. Nichtsahnend schlenderten der Verwaltungsangestellte M. und Kollege Walter G. gen Süderstraße, als ihnen W. mit seinem Geländewagen auf dem Bürgersteig den Weg versperrte. Der mit den typischen Insignien einer ganz bestimmten Aufsteigerkaste ausstaffierte W. – Goldrandbrille, roter Wildlederblouson, weiße Tennissocken und trittfeste schwarze Slipper, die er zum Beweis seiner Unschuld noch einmal der Richterin fast vor die Nase hielt – hatte ordnungswidrig auf dem Gehweg geparkt. „Das machen da alle“. Eigentlich wollte W. einige Meter weiter auf die Straße fahren, wobei ihm M. & G. in die Quere kamen. Dem sehr korrekt wirkenden M. gefiel dies gar nicht. Er klopfte gegen die Autoscheibe, um so auf sich aufmerksam zu machen: „Ich hatte ja keine Hupe.“ Anderthalb Meter weiter bremste W., woraufhin M. sich auf dem Fahrzeug abstützen mußte, um nicht „aufzulaufen“. Ob er diesen Zusammenstoß nicht ein wenig provoziert habe, fragte ihn die Richterin durch die Blume. Eine Unterstellung – wer gilt schon gerne als potentieller Querulant–, die M. von sich wies: „Ich konnte nicht ausweichen.“ Und Kollege G. sekundierte: „Wir waren ja gerade wieder in Fahrt gekommen.“

Ob nun Absicht oder nicht: W. war sauer, daß M. „wie ein Wilder auf mein Fahrzeug donnerte“. „Was soll das?“ schrie der Gaspedal-Fan M. hinterher, der inzwischen in zehn Metern Entfernung an einer Fußgängerampel warten mußte. Der ÖPNV-Fan („Wir fahren doch alle gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln“) hatte aber „Du Arschloch, was beschädigst du mein Eigentum?“ verstanden und reagierte nicht, sondern „grinste“ nur. Es folgte der verhängnisvolle Tritt, den W. heute als „Mattscheibe“ gewertet wissen möchte. Bis zum teuren Schluß wollte er nicht einsehen, daß er im Unrecht war. Daran konnte auch Richterin Kugler nichts ändern. „Fußgänger finden so etwas nicht toll, Sie müssen akzeptieren, auch einmal den Kürzeren zu ziehen“, gab sie dem wilden Gerhard mit auf den Gehweg.

Clemens Gerlach

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