: Freispruch für Verfassungsschützer Horchem
■ Hamburger Ex-Geheimdienst-Chef hat nun doch keine Dienstgeheimnisse verpetzt
Nach nur kurzer Beweisaufnahme ist gestern der Ex-Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes (VS), Hans-Josef Horchem, vom Amtsgericht Hamburg vom Vorwurf des „Geheimnisverrates“ freigesprochen worden. Staatsanwalt Dietrich Klein hatte dem Geheimdienstler vorgeworfen, „Operationsmethoden“ aus seiner Amtszeit von 1969 bis 1980 ausgeplaudert zu haben. Hintergrund: Die Veröffentlichung seiner Memoiren „Auch Spione werden pensioniert“, in dem Horchem unter anderem die Doppelagentschaft des Werder Bremen-Managers Willi Lemke und die Rekrutierung von Palästinensern durch VS-Agenten beschreibt.
Der Pensionär gab an, er habe nicht „vorausahnen können, daß die Identität beschriebener Personen bekannt“ werde, da er viel „verheimlicht und verschleiert“ habe. So hätte er die Rekrutierung des „Perspektivagenten“ Lemke aus dem Jahre 1972 in den Zeitraum um 1978/79 gelegt und ihm eine Parteikarriere angedichtet. Horchem ist der Auffassung, daß die Leistungen des „Studenten“ Lemke „hervorgehoben zu werden verdienten“. Auch habe sich Lemke, dessen Namen er beim Schreiben des Buches gar nicht mehr gewußt habe, selbst bei seinen Genossen in der Bremer SPD offenbart. Horchem meint, daß die Identität Lemkes sonst gar nicht hätte herausgefunden werden können. Eine Gefährdung anderer Spione schloß Horchem vehement aus: Nicht einmal der israelische Geheimdienst Mossad, „der beste Geheimdienst der Welt“, so Horchem, könne aus diesen Informationen etwas schlußfolgern.
Die Staatsanwaltschaft verlangte die Vernehmung von Hamburgs derzeitigem VS-Chefs Ernst Uhrlau als Sachverständigen zum Thema „Dienstgeheimnisse“. Doch Amtsrichter Henning Haage lehnte ab. Begründung: Der Angeklagte habe nicht mit Vorsatz „schutzwürdige Geheimnisse verraten“ und überzeugend seine Motive für die Veröffentlichung des Buches dargelegt. Der Geheimdienstler a. D. dazu: „Erstens wollte ich eine Rückschau für mich selbst, zweitens eine Rechtfertigung für meine Freunde schreiben, und drittens wollte ich die Geschichte so darstellen, daß junge Leute einen Anreiz bekommen, für den Verfassungsschutz zu arbeiten.“
Staatsanwalt Klein sah das anders: Er kündigte gegen den Freispruch Rechtsmittel und damit eine Neuauflage vor einer höheren Instanz an. Stefanie von Drathen.
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