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Fitneß auf die sanfte Art

Fitneßcenter werden immer beliebter / Hardcore-Bodybuilding ist out / Der Trend geht zu individuellen, vielseitigen Fitneß-Programmen  ■ Von Lars Klaaßen

Früher waren sie bei vielen als Treffpunkt für Pseudo-Rambos verschrien. Inzwischen werden sie immer beliebter: die Fitneßcenter. Doch schweißtreibendes Heben und Stemmen allein ist out. Wer mag sich schon noch Tag für Tag mit Abduktoren, Twistern und Expandern herumquälen. Heute ist ein ganzheitliches Programm gefragt.

Bernd Dahlmann, Besitzer des Sportstudios Olymp am Schloß Charlottenburg, sieht hier eine Trendwende: „Das klassische Bodybuilding war mehr eine Sache der Achtziger. Heute ist das den meisten Kunden zu hart, die wollen nicht mehr um jeden Preis wie Arnold Schwarzenegger aussehen.“

Dennoch betreiben die Leute Fitneß sogar ernsthafter als früher, meint Dahlmann, der auch als Trainer arbeitet. „Die Palette der Aktivitäten ist größer geworden.“ Und auch der Anspruch an die Quälität der Ausrüstung sei gestiegen. Mit ein paar schnöden Gewichten sei es nicht mehr getan.

Viele, die ins Olymp kommen, betreiben noch einen anderen Sport. Einige joggen erst mal durch den Schloßpark, bevor sie hier loslegen. Dahlmann: „Da macht sich die Öko-Welle bemerkbar.“ Ein typisches Indiz für den Mix von Fitneßstudio und anderen Sportarten ist der große Andrang im Winter. „Viele Sommersportler, wie zum Beispiel die Radfahrer“, sagt der Olymp-Chef, „gehen im Winter in die Folterkammer, damit sie im Frühjahr gleich wieder fit sind.“ Diese Leute wollen dann vor allem einzelne Körperteile wie Arme, Beine oder Schultern trainieren. Hier ist also individuelles Angebot gefragt.

„Wir bieten nicht nur das übliche Indoor-Programm an, sondern machen auch viel in freier Natur", betont Nils Künne, Trainer im „Elan Health Club“ in Lichterfelde. Sein Studio hat sich den geänderten Bedürfnissen der Fitneß- Kunden angepaßt. „Neben Waldläufen machen wir auch Radtouren.“ Während im Sommer meistens mit Rennrädern gefahren würde, seien nun die Mountainbikes gefragt. Sein Rad muß allerdings jeder selbst mitbringen. Auf eines legt Künne besonderen Wert: „Mit unserem Aktionsprogramm geben wir den Club-Mitgliedern die Möglichkeit, sich untereinander besser kennenzulernen.“

Neben spielerischen Turnieren seien vor allem die Fahrten sehr beliebt. Der Club organisiert regelmäßig Ski- und Snowboard-Freizeiten sowie Städtefahrten. Das ist für Künne auch ein Stück Club- Philosophie: „Elan ist kein Treff für Hardcore-Bodybuilder. Hier treffen sich Leute, die fit bleiben und Spaß miteinander haben wollen.“ Im Health-Club wird zudem medizinisch geforscht: Der Club nimmt an einer bundesweiten Studie über die Knochenkrankheit Osteoporose teil. Etwa zehn Leute, die an dieser Krankheit leiden, sollen einen achtmonatigen Grundkurs absolvieren. Der Grundkurs besteht aus einem regelmäßigen Bewegungsprogramm, einem Herz-Kreislauf- und leichtem Gewichtstraining. Und natürlich Saunabesuchen. Ob das Programm erfolgreich ist, wird durch Knochendichtemessungen vor und nach dem Kurs überprüft. Noch werden Leute gesucht, die an Osteoporose leiden und mitmachen wollen.

Im Sportstudio Deen in Steglitz können Fitneßfetischisten aus einem Programm von 41 Kursen ihr individuelles Programm zusammenstellen. „Wichtig ist vor allem“, erläutert Susanne Pavlovic vom Sportstudio, „daß die Leute durch ausgebildete Trainer langsam an alles herangeführt werden.“ Ein Beispiel: „Cardio-Dynamics“, ein spezielles Herz-Kreislauf-Training, das in drei Kursen angeboten wird. Die Leistung wird allmählich gesteigert, um die Fitneß-Fans vor Überbelastung zu schützen. „Ein guter Trainer hat jeden einzelnen Teilnehmer im Auge und weiß, wer wie fit ist“, erklärt Pavlovic. Das Sportstudio bietet auch spezialisierte Kurse an: Beim „Body-Shape“ können sich Frauen speziell ihren Problemzonen widmen.

„Dadurch, daß sich die Personengruppen, die Fitneßstudios besuchen, verändert haben, mußten sich auch die Sportcenter umstellen“, erklärt Rene Backasch von Döbandt Fitneß die Trendwende. „Fitneßcenter sind mittlerweile gesundheitsorientierte Dienstleister geworden.“ Das komplexe Angebot fordert jedoch auch die Interessenten. Sie sollen sich Gedanken machen, welche konkreten Vorstellungen sie von ihrem Fitneßprogramm haben. Backasch rät, sich das Studio vor der Anmeldung genau anzuschauen: „Wo sind die Räumlichkeiten, wie ist der Ausbaustandard, wie ist es um die Hygiene bestellt und wie gut ist die personelle Betreuung.“ Denn wer sich bereits im Vorfeld umguckt, wird nachher nicht so schnell enttäuscht.

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