: Trüpel fordert Abschiebestopp für IranerInnen
■ Abschiebung heute Thema im Senat / Ahadi-Bonab immer noch nicht aufgetaucht
Wenn heute morgen der Senat zusammenkommt, wird er sich zuerst durch eine Demonstration bewegen müssen. Der Rat der Iranischen Flüchtlinge hat für heute vormittag zu einem Protesttreffen vor dem Rathaus aufgerufen. Die IranerInnen wollen dem Senat ein paar unangenehme Fragen stellen, die unangenehmsten dem Innensenator Friedrich van Nispen. Dem werfen die DemonstrantInnen vor, er würde IranerInnen kaltblütig in den Tod schicken.
Kein Wunder: Auch nach einem Wochenende intensiver Suche ist es nicht gelungen herauszufinden, wo Arsalan Ahadi-Bonab ageblieben ist, der am Donnerstag von der Bremer Polizei in den Iran abgeschoben worden ist. Der erste Bremer Abschiebefall in den Staat der Ayatollahs. Unterstützung haben die IranerInnen unterdessen von den Grünen und deren Senatorin Helga Trüpel erhalten. Die grüne Bürgerschaftsfraktion forderte gestern einen Abschiebestopp für IranerInnen, und Helga Trüpel wird heute mit einem Positionspapier in den Senat gehen. Darin fordert sie bremischen Schutz nicht nur für IranerInnen, sondern gleichzeitig auch für kurdische Flüchtlinge und die AlbanerInnen aus dem Kosovo. Beide Gruppen sind aktuell genauso von der Abschiebung bedroht.
Gestern morgen hatte der Rat der Iranischen Flüchtlinge in Bremen mit der Frau von Ahadi-Bonab telefoniert. Wiederum die niederschmetternde Information: Ihr Mann ist immer noch verschwunden. Sie habe alle denkbaren offiziellen Stellen abtelefoniert; die Antwort: Ein solcher Passagier sei gar nicht im Flugzeug gewesen. Da hinein hatten ihn aber die Bremer Polizisten in Hamburg gesetzt, und die Maschine war ohne Zwischenlandung bis nach Teheran geflogen. Für die Familie und den Rat der Iranischen Flüchtlinge bleibt nur eine einzige Erklärung übrig. Ahadi-Bonab wurde direkt in die Arme seiner Verfolger abgeschoben.
Das ist es, was auch die grüne Senatorin für Ausländerintegration befürchtet. Und sie befürchtet das nicht allein für die Flüchtlinge aus dem Iran. Kosovo-AlbanerInnen und KurdInnen aus der Türkei können dasselbe Schicksal erwarten. Der generelle Abschiebestopp für KurdInnen ist am 31.10. dieses Jahres abgelaufen, mit der Wiederaufnahme des Flugverkehrs nach Belgrad seit der Lockerung der Sanktionen gegen Rest-Jugoslawien kann auch dorthin wieder abgeschoben werden. Der Bundesinneminister wehrt sich gegen jede Duldungsregelung für diese Gruppen, der Bremer Innensenator sagt, Bremen könne keine Alleingänge machen. Sonderregelungen in einzelnen Bundesländern, wie der Abschiebestopp für die KurdInnen, seien befristet. Jede Verlängerung sei nur im Einvernehmen mit dem Bund und den anderen Ländern zu erzielen.
Das sieht die Senatorin für Ausländerintegration ganz anders. Sie habe „kein Verständnis für die starre Haltung des Innensenators der Verweigerung von Abschiebeschutz für offensichtlich stark gefährdete Gruppen.“ In ihrem Positionspapier verweist Helga Trüpel auf ein Rechtsgutachten, das die hessische Landesregierung in Auftrag gegeben hatte. Danach können auch einzelne Länder ihre Ausnahmeregelungen durchaus verlängern. Hessen ist diesen juristischen Weg bereits gegangen. Für Bremen bestehe durchaus die Möglichkeit, dem zu folgen. Hinter Bonn könne sich Bremen nicht mehr verstecken: „Der Senat hat eine Mitverantwortung für das Schicksal von aus Bremen abgeschobenen Flüchtlingen.“ J.G.
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