: Space Park – der ganz große Traum
■ In Bremen wird eine riesige Euphorie losgetreten / Bewußtseinserweiterung und „Raumfahrt zum Anfassen“ – in Gröpelingen / Nur 120 Millionen fehlen noch Von Klaus Wolschner
Es wird wahnsinnig. „Ein in Europa konkurrenzloses Projekt“ soll nach Bremen kommen, Space-Park, „Raumfahrt zum Anfassen“. Das Gelände steht schon bereit – das ehemalige AG-Weser-Gelände. Eröffnung ist 1998, Eintrittspreis 30 Mark. „Das Resultat ist ein begeistertes Publikum, das das Abenteuer der großen Errungenschaften von heute und die aufregenden Möglichkeiten von morgen selbst miterlebt“, weiß der Prospekt heute schon.
Am Dienstag abend folgten über 400 Unternehmer aus Bremen der Einladung aufs Firmengelände der DASA, um sich begeistern zu lassen. Ein „Mobilisierungsschub“, erläuterte Wirtschaftssenator Jäger, „soll uns selbst unter Zeitdruck setzen“. Denn noch müssen „die Bremer mit ihrer Selbsteinschätzung“ gewonnen werden. 1,3 Millionen BesucherInnen soll der Space-Park Jahr für Jahr anlocken, 8.000 an Spitzentagen. Schon allein die Frage, wie die dahingebracht werden sollen, sprengt die Phantasie: Weser-Fähre, Sonder-Shuttle auf den Bundesbahngleisen, Straßenbahn natürlich, natürlich A 281, Autobahn.
Besser wäre es, der Space Park würde direkt an der Autobahn Köln-Hamburg gebaut, sagen Experten angesichts der Verkehrsfrage. Aber da ist bisher noch grüne Wiese, allein die Genehmigungsverfahren würden den Zeitplan vollkommen sprengen, erläutert der Wirtschaftssenator. Nur ein fertig ausgewiesenes Industriegelände kommt infrage, und 8-10 Hektar stehen nur dort auf dem AG-Weser-Gelände ungenutzt - zur sofortigen Verfügung.
Also Gröpelingen. Der Beirat Gröpelingen war natürlich sofort begeistert von der Vorstellung, was da auf den schlecht beleumundeten Stadtteil an Image-Transfer zukommt. Im Senat gibt es noch Skeptiker, ließ Jäger durchblicken, die müssen von der Woge der Begeisterung mitgerissen werden.
Und die 120 Millionen Investitionen fehlen noch. „Geld ist genügend da“, sagt der Bremer DASA-Produktionsleiter Dr. Pellvogt, „wenn das attraktiv ist.“ Wenn. Eine führende Rolle will die DASA allerdings nicht spielen, das weiß Pellvogt schon heute: „Dieses Projekt wird kein DASA-Projekt.“ Offenbar ist der Konzern noch nicht letztlich überzeugt: „Die DASA wird sich wahrscheinlich beteiligen.“ Wahrscheinlich. Daimler-Benz-Konzernsprecher Kleinert zur taz: „Die Idee ist hervorragend, jetzt muß sie sich nur noch rechnen.“
„Geld ist genügend vorhanden“, sagt Wirtschaftssentor Jäger, „wenn man Mut hat.“ Mut. Bremen werde sich nicht beteiligen, versichert er, nur mit den „üblichen“ Investitionshilfen fördern. Und das Grundstück baureif zur Verfügung stellen, offenbar.
Die Idee geistert seit einem Jahr durch die Köpfe, seit dem Mai 1994 ist sie skizziert, nur diese letzte Frage, ob die Idee für Investoren attraktiv ist, die blieb bisher offen. Deshalb die Mobilisierungs-Veranstaltung, die es, an ihrem euphorischen Grundton gemessen, durchaus mit Zeltmissionen der Art Jesus Christus kommt bald aufnehmen konnte.
Und als ob das Ereignis den allerhöchsten Segen nötig gehabt hätte, war der Festredner der Raumfahrt-Lobby, Prof. Jesco von Puttkamer, zum Festvortrag gekommen mit dem weltumspannenden Zuspruch: „Einen Space Park in Bremen begrüße ich mit Begeisterung, und ich wäre nicht hier, wenn man nicht bei der NASA beifällig dazu genickt hätte.“
Ein Senator pokert hoch
Der Wirtschaftssenator, in den drei Jahren seit 1991 auch aus Gründen der unglücklichen Konjunktur mit greifbaren Erfolgen nicht gerade gesegnet, hat sich ganz mit diesem Projekt Space Park identifiziert. Wenn es zustandekäme und wenn es wirklich 1,3 Millionen BesucherInnen jedes Jahr anziehen würde, zweifellos ein wirtschaftspolitischer Erfolg.
Und wenn nicht? Wenn der Space Park noch rechtzeitig zur Expo 2000 fertig sein soll, dann muß im kommenden Jahr zumindest die „Betreibergesellschaft“ zustande kommen, die in den letzten Monaten nicht zustande gekommen ist. (Über die Gründe dafür herrscht offizielles Schweigen.) Das laute Trommeln für das Projekt, ohne daß gleichzeitig wenigstens ein wesentlicher Finanzier mitgeteilt werden konnte, wirft die Frage auf: Was ist, wenn das Projekt keine Financiers findet? Das würde möglicherweise mitten in einem Wahlkampf bekannt werden, in dem die Bremer FDP um die 5-Prozent-Hürde kämpft und damit um ihr politisches Überleben.
Das heißt: Das darf nicht passieren. Das Projekt muß in Gang kommen, der Wirtschaftssenator wird mit einer guten Nachricht den Wahlkampf bestreiten. Wenn es sich im Wahljahr so darstellt, daß der Wirtschaftssenator nur mit einer fixen Idee große Erwartungen geweckt hat, aber niemand darauf investiert, bedeutet das das Ende seiner Karriere.
Jäger weiß, daß er sich abhängig gemacht hat und daß er hoch pokert, ohne neben dem Grundstück viel staatliches Geld versprechen zu können. Seine Haltung sei „nicht die herrschende Meinung im Senat“, teilte er deshalb den Unternehmern mit: der Senat müsse noch gewonnen und das Geld müsse privat aufgebracht werden.
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