: Knaller bei Italiens Christdemokraten
■ Parteispitze liebäugelt mit Berlusconi und der rechtsextremen Alleanza
Rom (taz) – Schwerer Hauskrach in der italienischen Volkspartei, der Mehrheits-Nachfolgegruppierung der alten Democrazia Cristiana, und deutliche Verstimmung auf der Linken: Ein vor einer Fernsehübertragung halblaut geführtes Gespräch zwischen Volksparteichef Rocco Buttiglione und dem Pressesprecher von Regierungschef Silvio Berlusconi, Tajani, läßt darauf schließen, daß die derzeit nach außenhin herzlichen Kontakte der Katholikenpartei mit der Linken nur Ablenkungsmanöver sind. Und daß die Volkspartei in Wirklichkeit eine Mitte- Rechts-Koaliton anpeilt, mit Berlusconis Forza Italia und der rechtsextremistischen Alleanza nazionale.
Das Gespräch wurde mitgeschnitten, während die beiden Protagonisten die Mikrophone abgeschaltet glaubten, und es weist in seinem entscheidenden Passagen die Einladung Buttigliones an die Forza Italia zu einer neuen Koalition auf – die ganz anders klingt als die öffentlich geäußerten Absichten Buttigliones, die äußerste Rechte auszuschließen: Man müsse die Alleanza nazionale nur etwas reduzieren und „säubern“, sagte Buttiglione, dann könne bei den Regionalwahlen im kommenden Frühjahr Forza Italia im Norden mit der Volkspartei Bündnisse schließen und im Süden wie gehabt bei den Neofaschisten bleiben.
Das Gespräch wurde in der satirischen Sendung „Striscia la notizia“ von Italia 1 ausgestrahlt – einem Sender Berlusconis, der damit wohl Buttigliones Doppelspiel denunzieren wollte. Innerhalb der Volkspartei herscht seither Krisenstimmung – der linke Flügel fordert bereits den Rücktritt des Vorsitzenden.
Die Linksdemokaten, die bereits an eine mögliche Alternativ- Koalition mit der Lega nord und der Volkspartei glaubten, sehen sich, wie weiland ihre Vorgängerpartei, die Kommunisten, ein weiters Mal an der Nase herumgeführt und haben zunächst einmal sämtliche Kontakte zur Volkspartei abgebrochen. Buttiglione selbst sucht mithilfe einer Klage und einer Schadensersatzforderung in Höhe von mehreren Millionen Mark wegen des illegalen Mitschnitts Terrain wiederzugewinnen – woran allerdings auch seine engsten Freunde nicht mehr glauben.
Unterdessen bereitet sich Premierminister Silvio Berlusconi auf eine Krisensitzung des Kabinetts am morgigen Dienstag vor. Werner Raith
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen