piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ Rock und Rock: Musikerinnen in der UFA

Drei Dinge will das vorwiegend mit Frauen besetzte Festival „Rock macht schlank“ beweisen: Daß Frauen abnehmen sollen, gute Musik machen und rechnen können. Denn an zweimal vier Tagen spielen acht Bands oder Soloperformerinnen je einmal – und ihnen kommt dabei der zweifelhafte Status von Vorgruppen zu – und an jeweils vier Tagen spielen als Highlights das Frauenduo Zrazy aus Dublin und Domina Dea, die Band der stimmgewaltigen Magda Vogel, aus Zürich. Heraus kommen bei der Rechnung insgesamt 16 Acts.

Kommunikation ist das Zauberwort. Mit einem Fingerschnippen, einer sich rhythmisch bewegenden Schulter, ihrem tanzenden Auf und Ab auf der Bühne gelingt es Maria Walsh, der Sängerin von Zrazy, normalerweise sofort, so etwas wie eine dynamische Resonanz bei den Leuten hervorzurufen. Auch der letzte Tanzmuffel fängt an, wippenden Fußes sein Bier zu trinken. Maria Walsh und Carole Nelson an Keyboard, Flöte und manchmal auch Saxophon spielen sich zu, verstehen sich, geben sich gegenseitig Raum, Sprache und Zeit. Irland war schon immer ein fruchtbares Pflaster für KünstlerInnen – egal, welchen Genres. Zu viel soziale Realität ist dort nach wie vor mit Verboten und Tabus belegt; Homosexualität oder auch Abtreibung sind nur zwei Beispiele. Zrazy nimmt diese Themen auf eine sehr populäre Art auf. Der Text eines dieser Songs besteht aus nichts anderem als der Telefonnummer, unter der man in Irland Informationen über Abtreibung bekommt. Die Verbreitung der Telefonnummer ist nach wie vor illegal. Bei ihrem viertägigen Auftritt in der UFA allerdings zehrte Zrazy von ihrem Ruhm, mußte die Sängerin Maria Walsh doch alleine auftreten, da Carole Nelson verletzt war. Spätestens am vierten Tag war auch bei Maria Walsh die Luft raus.

Umgeben von Bands wie Zest oder Soloperformerinnen wie Hilde Kappes, bei der nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden kann, daß sie dem Hauptact nicht die Show stiehlt, treten ab heute bis Sonntag die fünf Zürcherinnen von Domina Dea auf. Dabei wird Magda Vogel ihre rund vier Oktaven in allen möglichen Verkleidungen – halben Opernarien, gezischten Improvisationen, Chansons und wütendem Sprechgesang – spielen lassen. Ihre vier Mitmusikerinnen an Schlagzeug, Keyboard, Saxophon und Baß werden allerhand zu tun haben, um ihr die notwendige Plattform zu liefern. Soll der Musikcocktail doch das Publikum gleichzeitig auch noch so anheizen, daß es sich dankbar einer Schlankheitskur durch Tanzen unterzieht. Ausdrucksvielfalt ist die Stärke vieler Künstlerinnen, aber sie war schon immer auch ihr Kreuz. Waltraud Schwab

Noch bis Sonntag in der UFA-Fabrik, Tempelhof

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen