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Schläfrige Sanierung

■ Am Dulsberg stehen über 100 Wohnungen zum Teil seit Jahren leer / Vertragsstrafe gefordert Von Marco Carini

Fristen wurden versäumt, Gelder flossen zu spät, der Vermieter ließ sich mit der Modernisierung Zeit und seine Wohnungen solange leerstehen. Die Folge: In der Mülhäuser Straße 6-10 in Dulsberg sind heute über 100 Wohnungen unbewohnt. Während CDU, GAL und Statt Partei der „Siedlungsbaugesellschaft Hermann und Paul Frank KG“ eine Vertragsstrafe von 1,9 Millionen Mark aufbrummen und die Wohnungen notfalls auch gegen den Willen der Eigentümerin vermieten wollen, hoffen SPD und Verwaltung auf eine geräuschlosere Lösung. Barmbeck-Uhlenhorsts Ortsamtsleiter Hans-Werner Nebel: „Wir haben jetzt die Zusage, daß die Frank KG im Februar endlich mit der Instandsetzung und Modernisierung beginnt.“

Der Fall: Nachdem der Bezirk dem Abriß von knapp 600 Dulsberger Laubenganghäusern Anfang der 80er Jahre nicht zugestimmt hatte, verpflichtete sich die Frank KG, unter Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel die Kleinstwohnungen zu renovieren und zu modernisieren. Das zog sich. Als nach zehn Jahren die Modernisierungsmaßnahmen immer noch nicht abgeschlossen waren, setzte der Bezirk eine letzte Frist: Sollten die Wohnungen Ende 1993 immer noch nicht bezugsfertig sein, müsse die Frank KG eine Vertragsstrafe von 1,9 Millionen Mark zahlen. Das Unternehmen stimmte zu, ließ das Ultimatum aber verstreichen.

148 der knapp 600 Wohnungen sind noch heute Bruchbuden, „über 100“ von ihnen, so Frank-Mitarbeiter Matthias Quistorff, stehen leer. Während das Bezirksamt auf weitere Verhandlungen setzt, platzte CDU, GAL und Statt Partei Anfang Dezember der Kragen: Sie forderten per Bezirksversammlungsbeschluß Behördenleiter Jochen von Maydell auf, die Wohnungen dem „Wohnungsmarkt umgehend zur Verfügung“ zu stellen und das Bußgeld endlich einzutreiben.

Zwar läßt Maydell zur Zeit „prüfen“, ob die Vertragsstrafe rechtlich durchgesetzt werden kann, doch der Bezirk sieht „Probleme“. Ortsamtsleiter Nebel: „Das läuft auf einen jahrelangen Rechtsstreit heraus, dessen Ausgang völlig offen ist.“ Denn für Matthias Quistorff liegt die Langzeit-Verschleppung der Modernisierung „nicht in unserem Verschulden“. Probleme mit den Mietern, verspätet geflossene Fördergelder und ein „völlig untragbares Finanzierungsangebot“ der Wohnungsbaukreditanstalt (WK) wären für das Schneckentempo verantwortlich.

Am Dienstag einigten sich WK und Frank KG nun immerhin auf ein Finanzierungskonzept, mit dem die letzte Modernisierungsetappe voraussichtlich im kommenden Februar in Angriff genommen werden kann. Spätestens Ende 1995 soll die Sanierung, die rund 15,4 Millionen Mark kosten wird, ihr Finale finden. Da nun bald kräftig renoviert werden soll, hält Matthias Quistorff die von Bezirksversammlung und Mieterinitiative Dulsberg geforderte Sofortvermietung bis zum Beginn der Bauarbeiten für absoluten „Nonsens“.

Die Mieterinitiative aber will dennoch eine Genossenschaft gründen, die die Wohnungen in Eigenregie vermietet. Im Stadtteilbüro Dulsberg in der Probsteier Straße (Tel: 652 80 16) liegt bereits eine InteressentInnenliste aus, in die sich wohnungssuchende DulsbergerInnen eintragen können. GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Gundi Hauptmüller: „Wir brauchen die Übertragung der Wohnungen auf eine Mietergenossenschaft, da die Frank KG die Modernisierung nicht nur verzögert, sondern auch miserabel ausgeführt hat und unliebsame Mieter ständig mit Räumungsklagen attackiert“. Ganz anderer Meinung ist da Matthias Quistorff. Er findet die Vermietungspläne der Mieterinitiative allenfalls „niedlich“.

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