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Was spricht der Chef?

■ Das 3:0 in Moldawien zeigt, daß die Machtteilung zwischen Matthäus und Sammer keine echte ist, wohl aber kurzfristig bescheidene Erfolge möglich machen kann

Berlin (taz) – Hoppeldipoppel, poppel-poppel-hoppel: Wie der Ball auf dem „schlechtesten Platz, auf dem ich je gespielt habe“ (Klinsmann), so hüpfen nun in den Tagen danach aufgeregt die in Worte gebrachten grundsätzlichen Erkenntnisse der Protagonisten durch die Landschaft. Doch wer vermag sie zu deuten? 3:0 in Moldawien gewonnen, nach zwei EM- Spielen optimale Punktzahl, also „alles wunderbar“ für die deutsche Fußballnationalmannschaft, wie Matthias Sammer findet?

Obacht: Der Dortmunder hat das gesagt, das stimmt, aber so wie er es gesagt hat, könnte er es, das ist bekanntlich der große Vorzug des Ironischen, auch nicht oder anders gemeint haben. „Der Sieg“, sagt andererseits Lothar Matthäus, habe „Spaß gemacht“. Was bei dem nun überhaupt nicht zum Ironischen neigenden Lothar auch genauso zu rezipieren ist. Jedenfalls, das darf man getrost annehmen: Das Spiel im Republica-Stadion zu Kischinjow diente neben der vordergründigen Aufgabe, „drei Punkte im Sack“ (Klinsmann) zu versammeln, als Probelauf für das Funktionieren der Machtteilung im deutschen Team zwischen den Herren Matthäus und Sammer. Und? Es hat funktioniert. Einigermaßen. Für den einen, der Macht abgeben muß, aber froh zu sein scheint, einen Teil behalten zu könen, mehr, für den anderen, der Macht gekriegt hat, aber noch mehr gebrauchen könnte, vielleicht ein bisserl weniger.

So haben also, von einem respektvollen und unbedarften Gegner wenig bedrängt, der Libero vor der Abwehr Matthäus und der Libero vor der Abwehr Sammer gemütlich im Zentrum des Spiels Logis genommen und die Vasallen organisiert. Die mußten rennen (Weber), bekamen teilweise gar mehr Bälle als ihnen guttut (Reuter) oder durften irgendwo an der Peripherie ihren eigenen Vergnügungen nachgehen (Häßler). Das brachte letztlich den Erfolg, weil vorne einer rackernd kollektive Bemühungen durch individuelle Leistungen in Erfolg = Tore verwandelte. Zugegeben, das Niveau im europäischen Fußball mag nicht besser geworden sein, jenes von Jürgen Klinsmann aber schon: Der Mann ist einfach gut, bereitete zwei Treffer mit vor, schoß seinen 27. Länderspieltreffer in einem Jahr, in dem er – nicht allein bei der WM – seinen vormals schäbigen Torquotienten dramatisch verbesserte.

Andere waren nicht ganz so konzentriert, so daß der Kapitän milde rügend glauben mußte, „daß wir vergessen haben, das eine oder andere Tor zu machen“. Er selbst nicht: Matthäus hat getroffen, und – neben Klinsmann – hat Sammer dem Co-Geschäftsführer den eigenen Abschluß ermöglicht. So nämlich, das hat der deutlich gemacht, will er, wenn es denn bis auf weiteres nicht zu vermeiden ist, den Lothar sehen: investierend. Nicht als stiller Teilhaber. „Wir könen es uns einfach nicht mehr leisten“, hat Sammer beschlossen, „mit einem klassichen Libero zu spielen, der zwanzig Meter hinten drin steht.“ Wie das Matthäus sich auf seinem persönlichen Kreuzzug zum Länderspielrekord in Würdigung seiner nationalen Verdienste einst hatte ausbedingen dürfen. Schluß damit, hat der Junior dem Senior erklärt, neulich in einem Münchner Restaurant und dieser Tage noch einmal bei einem Treff, zu dem man wohlwollend auch den Bundestrainer zugelassen hat. „Wir haben“, nennt Matthias Sammer das, „ein paar Gespräche geführt“, ernste Gespräche, wohl gar verbindliche, wie das in Zukunft abzulaufen haben wird. Und? Nun hat man „eine gute Kameradschaft“ (Sammer), sprich: Jeder weiß, was er zu tun hat und was nicht. Und sollte es einer immer noch nicht wissen, muß man „nicht nur eine gute Kameradschaft haben“, sondern, sagt Sammer, „auch mal im Training die Meinung sagen können.“ Was er, wie man daraus schließen kann, getan hat und, falls nötig, tun wird. Wichtig ist jedenfalls nun, da alles geregelt ist, „daß nicht zuviel geredet wird“ (Sammer). Was wohl heißt: von anderen, die möglicherweise bei der Umverteilung etwas übergangen wurden (Möller)?

Woraus nicht zwingend folgen muß, doch geschlossen werden kann, daß der Sachse Matthias Sammer mit dem Franken Lothar Matthäus im wesentlichen so verblieben ist, daß letzterer zwar in alter Frische Repräsentationsaufgaben nachkommen soll und darf, während ersterer den Laden organisiert. Was nicht heißt, daß ersterer das letzterem auch mitgeteilt haben muß. Der ist helle und wird es merken. Demnächst.

Die Sache läuft jedenfalls und wird am Sonntag in Kaiserslautern gegen Albanien gleich noch mal unter Schonbedingungen exerziert. Oder etwa nicht? „Ich“, sagt ein unversehens etwas an der Rand der Geschehnisse geratener Herr namens Vogts, „könnte mir das so vorstellen.“ Und was spricht der Chef? „Wir müssen die Räume eng machen, wir müssen bekämpfen (!). Wer“, fragt selbstbewußt Matthias Sammer, „will uns dann schlagen?“ Peter Unfried

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