: HEW: Neue Bosse, aber die alte Politik
■ Kernkraft-Freund Timm wird Boß der Hamburgischen Electricitätswerke
Unter dem Vorsitz von Umweltsenator und Aufsichtsratschef Fritz Vahrenholt komplettierte der Aufsichtsrat der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) gestern seinen Vorstand: Mit dem Ingenieur Manfred Timm, der bereits dem alten Vorstand angehörte, rückt ein Techniker an die Spitze des städtischen Energiemonopolisten. Neben den bisherigen Vorständlern Hans-Joachim Reh (Verkauf) und Arbeitsdirektor Thorwald Schlesselmann holte der Umweltsenator neu den Juristen Joachim Lubitz in den HEW-Vorstand.
Im Schatten Timms steigt der rechte Sozialdemokrat Lubitz, bislang Finanzchef der Hamburger Wasserwerke, zum zweitmächtigsten Energiemanager Hamburgs auf (taz prognostizierte dies bereits am 25. November). Der bekennende Voscherau-Fan ist für Finanzen, Rechnungswesen und Recht zuständig. Der Karrieresprung des bisher eher unauffälligen Mittelklasse-Managers hat in Wirtschafts- und Energiekreisen für Überraschung gesorgt.
Fritz Vahrenholt, der nach Aussagen zwangsläufig bestens unterrichteter Kreise das HEW-Management mit ständigem Zuspätkommen und schlechter Vorbereitung nervt, hatte gegen Rat von verschiedenster Seite darauf verzichtet, Ausschau nach einem Energiemanager zu halten, der die Qualifikationen für eine energiepolitische Umsetzung der Beschlüsse der Hamburger SPD hätte sorgen können.
Statt dessen lenkt mit Timm ein Energietechnokrat der alten Schule den Hamburger Atomstromerzeuger, der sich noch zu 72 Prozent im Stadtbesitz befindet. Lubitz wiederum könnte, so meinen Insider, der Garant für eine reibungs- und geräuschlose Verscherbelung von HEW-Anteilen darstellen, die spätestens für den Haushalt 1996 anstehen.
Mit einem leichten Hauch von Emphase in der Stimme bekannte sich Fritz Vahrenholt gestern denn auch freudig zu seinem Personalwerk: „Die HEW stehen in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Ich bin sicher, daß wir mit diesem neuformierten Vorstand die Zukunft meistern.“ Nicht nur die HEW-Betriebsräte, die Lubitz wegen mangelnder Qualifikation ursprünglich abgelehnt hatten, haben da ihre Zweifel: Der Wandel der HEW vom verfilzten, der Atom- und Technik-Denke verpflichteten Energieerzeuger zum modernen, ganzheitlich denkenden Energie-Dienstleister ist zwar überfällig, wie selbst Vertreter des mittleren HEW-Managements einräumen, aber nicht in Sicht.
Ein kompetenter und hochrangiger Kritiker kommentierte gestern – aus Angst vor beruflichen Nachteilen anonym – gegenüber der taz hamburg: „Der Hamburger Senat hat mit diesen Personalentscheidungen bewußt und gezielt auf die Chance verzichtet, in der Energiepolitik einen wirklichen Sprung nach vorn zu wagen.“
Florian Marten
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