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Durchs DröhnlandKleine Kinder mögen Dorau

■ Die besten und schlechtesten, wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Hinter den Veröffentlichungen eines Labels wird gerne eine geschlossene Label-Politik vermutet. Und das vor allem, wenn gleich mehrere Bands, die eine neue Richtung vorgeben, sich versammeln. Als der New Folk vor gut zwei Jahren zur Rettung der Popgeschichte bestimmt wurde, fanden sich einige seiner vielversprechendsten Protagonisten auf dem OKra Label aus Columbus, Ohio. Zum Beispiel die Schramms und die Fellow Travellers. Aber auch in der Label-Arbeit wird das, was erscheint, vom Geschmack bestimmt, manchmal auch vom Zufall. So stand Dan Dow, Gründer von OKra, eines Tages in seinem Plattenladen, als ein Musiker hereinkam, der nur fragen wollte, ob Dow daran interessiert sei, in seinem Laden ein paar selbst aufgenommene Tapes zu verkaufen. „Ein paar Monate später arbeitete ich an meiner ersten Platte für OKra“, erzählt Hank McCoy. Mit seinen Labelmates hatte McCoy einzig eine ähnliche Biographie gemein: Angefangen hatte er in verschiedenen Alternative-Rock-Bands, um schließlich die Wurzeln zu finden, die Amerika bereitgelegt hatte. Und auch wenn sich Hank McCoy and the Dead Ringers das Etikett „Country“ nur im Notfall anheften lassen, gibt es doch kein anderes Wort, das ihre Musik treffender beschreiben würde.

Der Widerstand gründet sich auch einzig auf dem Unbehagen mit dem modernen Nashville, der weichgespülten Glätte heutiger Country & Western-Produktionen. McCoy bekennt sich in Interviews, Musik und Texten zu den großen Zeiten des Genres, und dann fallen Namen wie Hank Williams sen., Johnny Cash oder Gram Parsons. Er covert Willie Nelson, und Songs tragen Titel wie „The Bottom of the Bottle and the Long, Lonely Night“. Daß sich seine Band vornehmlich aus ehemaligen College-Rock-Musikern rekrutiert oder daß Dave Schramm als Gast die Steel Guitar bedient, hört man dabei kein bißchen. Die Dead Ringers sind vor allem eine liebevolle, sehr respektvolle Reminiszenz an ein untergegangenes Zeitalter, als Country noch nicht zur billigen Seifenoper verkommen war.

Heute, 21 Uhr, Huxley's Junior, Hasenheide 108–114, Neukölln

Leider kaum noch etwas Neues tut sich an der dunklen Front. Dort programmieren unsere schwarzgekittelten Freunde immer noch ihre Sequenzer, als wäre es Mitte der 80er. So auch Fortification 55, ein Duo aus Hamburg, das in der Szene immerhin schon den einen oder anderen Tanzbodenfüller plazieren konnte. Es wabert, die Keyboards wimmern bosärtig, und der Gesang dräut noch bösartiger. Genau die Zutaten, die im geschlossenen Koordinatensystem Dark Wave verlangt werden.

Morgen, 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg

Als Scum einmal im Vorprogramm von Jesus Lizard spielten, dürften sie richtig glücklich gewesen sein. Genau wie die scheißen sie auf Songstrukturen, und doch hat man auch bei den Berlinern immer eine sehr exakte Ahnung, wo der ganze Lärm herkommt. Manchmal drängt sich das intellektuelle Spielchen Rock-Zerlegen sogar zu offensichtlich auf, auch wenn durch Kreischen und Lärm authentische Zerstörungswut markiert werden soll.

Von der Dekonstruktion zum Summieren: Das zuckende Vakuum kommen ebenfalls aus Berlin und sammeln scheinbar zufällig alle Eindrücke, ob nun Bratzgitarren, Klaus-Nomi-Geträller, Wave-Monotonie oder New- York-Noise, um sie nebeneinanderzustellen, daß sie sich möglichst wenig berühren oder gar kommentieren. Auch hier Zerrissenheit, wenn auch eine, die völlig anders entstanden ist. Interessant sind beide.

Morgen, 22 Uhr, auf der Insel, Alt-Treptow 6, Treptow

Kleine Kinder mögen die Musik von Andreas Dorau. Ich weiß das, ich habe selber welche. Selbst mit seiner neuen Platte „Neu!“ und dem Versuch, endlich eine Dance-Platte zu machen, bleibt's dabei. Daß Dorau auch anders kann, hat er schon öfters bewiesen, als er House-Platten unter ständig wechselnden Pseudonymen herausbrachte. Doch wo Dorau draufsteht, muß anscheinend immer der nicht erwachsen werdende Junge drin sein, der nicht anders kann, als all die kleinen Frustationen zu beschreiben, die die wirklich netten Jungs immer erleiden müssen.

Darin ähnelt er dann doch wieder sehr Hans Albers, der so knorrig werden konnte, wie er wollte, und doch nie sein Jungens-Lächeln verlor. Und als legitimer Nachfolger von Hans Albers wurde Dorau während der Neuen Deutschen Welle gefeiert. Die gemütlichen Beats der neuen Platte versteht Dorau nicht als Knaller für die Tanzfläche, sondern gedacht für „Club-Gänger, die sie nachmittags im Radio hören können“. So dubbt es also vor sich hin, und die obskuren Samples „aus alten Amiga-Platten“ passen gut in den gemütlichen Gesamteindruck.

Am 15.1., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg

Patricia Morrison ist ganz schön rumgekommen. Begonnen hatte sie bei den Bags, einer Punk- Band aus Los Angeles, zupfte dann einige Jahre lang beim Gun Club von Jeffrey Lee Pierce den Bass, tat sich dann mit dem Ex- und-jetzt-wieder-Gun-Club-Gitarristen Kid Congo Powers für eine Platte zusammen und war eine Zeitlang bei den Sisters of Mercy. Seit drei Jahren nun versucht sie's unter ihrem eigenen Namen, aber bleibt weitgehend den Beweis schuldig, mehr als nur Mitläuferin gewesen zu sein. Immerhin hat sie gut zugeschaut all die Jahre, versteht es, eine ähnlich sinistre Stimmung wie die Sisters zu generieren und orientiert sich an den schon klassischen Zügen des Songwriting von Pierce. Was bleibt, ist solider, leicht angedarkter Rock. Und so was hat seine besten Zeiten eben schon lange hinter sich.

Am 18.1., 21 Uhr, Huxley's Junior

Thomas Winkler

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