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■ Film-Geschichte: „Shiva und die Galgenblume“ von 1945

Sicher hätten sie das Fragment auch rekonstruieren können. Dreizehn Rollen belichtetes Farbmaterial und acht Rollen nicht synchronen Ton hatten die beiden Filmemacher Michaela M. Krützen und Hans Georg Andres im Wendegetümmel 1989 im DDR-Filmarchiv Friedrichshagen gefunden. „Shiva und die Galgenblume“ – der letzte Film, den das Deutsche Reich hatte hervorbringen wollen. Nun gut, zum großen Showdown hatte es nicht mehr gereicht. Als die Alliierten Prag im März 1945 erreicht hatten, war nicht nur der NS-treue Regisseur Hans Steinhoff Hals über Kopf in Richtung Heimat getürmt, auch die deutschen Filmschaffenden hatten ihre Filmrollen den Russen überlassen. Durch die Rekonstruktion eines werkgetreuen Ganzen wäre vielleicht ein historisches Dokument entstanden, interessant für die vielen Albers-Fans, denen so noch ein letzter Film mit dem „blonden Hans“ geschenkt worden wäre, lukrativ am Ende für einen Filmverleih, der das verschollene Werk mit den vielen alten Ufa-Stars großspurig als Aperçu der NS-deutschen Filmgeschichte vermarktet hätte. Aber hätte sich die Mühe tatsächlich gelohnt? Hat uns diese etwas wirre Kriminalgeschichte um den Kommissar Shiva und den russischen Geldfälscher Gortschakoff tatsächlich gefehlt? Michaela M. Krützen und Hans Georg Andres sind der Entstehungsgeschichte von „Shiva“ nachgegangen, haben Zeitzeugen aufgestöbert, zeitgenössische Wochenschauen zusammengetragen, in Schauspielerbiographien nach Hinweisen auf die Dreharbeiten gesucht. Sie haben nicht den Film, sondern seine Geschichte rekonstruiert.

Als gegen Ende des Krieges die Babelsberger Filmstudios vom Bombenhagel der Alliierten bedroht waren, wurde die Ufa- Filmproduktion ins noch friedliche Prag ausgelagert. Wer irgend konnte, ergatterte sich eine Rolle in den dort für die Zeit nach dem Endsieg produzierten Filmen. Ein „irdisches Paradies“ sei dieses goldene Prag gewesen, erinnert sich Margot Hielscher. Eine friedliche Oase mit großherrschaftlichen Hotels, in denen man „zuvorkommend“ bedient wurde. Nein, „Besatzer sind wir nicht gewesen“, findet Mady Rahl, „ein Atelier ist ein Atelier. Wo gedreht wird, wird überall gleich gedreht.“ Die zur Kooperation zwangsverpflichteten tschechischen Filmarbeiter sahen das wohl anders. Mit Bummeleien versuchten sie die Produktion zu behindern, wo immer es ging. Aber auch die Deutschen beeilten sich nicht. Zu angenehm war das Leben fern des Bombenhagels.

In suggestiven Schnittfolgen erzählt „Der letzte Film des Dritten Reichs“ seine doppelbödige Geschichte. Parallel zu Hans Albers Kriminalrecherchen fahnden Krützen und Andres nach der historischen Wahrheit. Prozeßhaft entsteht so ein kunstvolles Abbild des propagandistischen NS-Irrsinns, der mit der Eroberung Prags durch die Russen im April 45 schließlich sein Ende fand. Da hatte sich Albers bereits nach Starnberg, die Hielscher schon ins befreite Salzburg abgesetzt. Der Showdown in den Prager Barrandow-Studios bleibt nun allein Manfred Zapatka überlassen, dem Hans Albers des 1993 nachgedrehten Filmschlusses. Die Rekonstruktion – sie ist tatsächlich gelungen. Das Fundstück, von den DDR-Archiven als „unbrauchbar“ qualifiziert, hat seinen Platz in der Filmgeschichte gefunden. Klaudia Brunst

Premiere mit Diskussion heute, 19.45 Uhr, Filmbühne am Steinplatz, der Film läuft auch in Brotfabrik und Moviemento an.

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