Schlagzeilen statt Geld

■ Mutmaßlicher Kaufhauserpresser Dagobert weiter geständig

Berlin (taz) – Wenige Wochen bevor Arno Funke, der mutmaßliche Kaufhauserpresser, im April 1994 in Berlin festgenommen wurde, war er nachlässig geworden. Fast zwei Jahre lagen hinter ihm, in denen er Dutzende von Erpresserschreiben an Karstadt (stets mit der höflichen Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“) verfaßt, Unmengen von Telefonaten geführt und allerlei technische Polizei-hinter's-Licht-führ-Apparaturen gebaut hatte. So hatte er für den vorletzten Übergabetermin einen Wagen auf seinen eigenen Namen gemietet. Auch die Telefonate mit der Polizei wurden immer länger. Dagobert plauderte manchmal bis zu acht Minuten mit seinen Häschern. „Ich hatte mir Gedanken gemacht, mich zu stellen“, begründete der 44jährige seine Nachlässigkeit gestern vor dem Landgericht Berlin, vor dem er sich u.a. wegen schwerer räuberischer Erpressung und versuchter Brandstiftung verantworten muß.

Als er dann festgenommen wurde, habe er nicht versucht abzuhauen, sondern den Zivilbeamten zugewunken. „Als alter Sportsmann“ habe er sich sogar mit den Beamten über deren Erfolg gefreut. Da das Medieninteresse mittlerweile zusammengeschrumpft ist wie die halbe Million Mark, die Dagobert 1988 vom Kaufhaus des Westens in Berlin erpreßt hatte, wird der Prozeß am Freitag in einem kleineren Gerichtssaal fortgesetzt. Zu dem Medienrummel während den Erpresserzeiten sagte Funke gestern: „Mit wäre lieber gewesen, man hätte nicht über mich berichtet, sondern ich hätte Geld gekriegt.“ Barbara Bollwahn