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Asyl-Card ohne Chance?

■ Datenschützer Hansjürgen Garstka hält geplante Asyl-Card wegen der Datenfülle schlichtweg für verfassungswidrig

Hansjürgen Garstka ist Optimist. Berlins Datenschutzbeauftragter denkt, daß die von der Bundesregierung geplante Asyl-Card keine Chance hat. Mit einer derartigen Fülle von Informationen, die von Daten zur Person, über Foto und digitalisiertem Fingerabdruck bis hin zu Aussagen über die Inanspruchnahme sozialer Leistungen durch den Asylbewerber reicht, sei die Chip-Karte „schlicht und einfach verfassungswidrig“.

Käme die Karte für Asylbewerber, würde sie auch bald für die hier länger lebenden Ausländer, später für Sozialhilfeempfänger und andere sogenannte „Randgruppen“ eingeführt. „Einer solchen Entwicklung werden die Bürger entgegentreten und sie verhindern.“ Die mit der Erarbeitung einer „Machbarkeitsstudie“ beauftragte Bund-Länder-Arbeitsgruppe könne unter Berücksichtigung des „wenn auch nur kleingedruckten Hinweises“, daß die datenschutzrechtlichen Belange zu prüfen seien, nur zu der Erkenntnis kommen, daß die Asyl-Card gegen informationelle Selbstbestimmung und die Würde des Menschen verstoße.

Garstkas Zuversicht wurde von denen, die am Donnerstag abend der Einladung der PDS ins Abgeordnetenhaus zum Thema: „Gläserne Menschen: Kein Datenschutz für Flüchtlinge und ImmigrantInnen“ gefolgt waren, nur wenig geteilt. „Wir haben in der Vergangenheit erlebt, daß bei Sachen, die verfassungswidrig sind, die Verfassung passend gemacht wird“, konstatierte Karin Dörre, ausländerpolitische Sprecherin der Fraktion. Heiner Busch vom Institut für Bürgerrechte und öffentliche Sicherheit (CILIP) verwies auf das seit 1953 existierende Ausländerzentralregister, das nicht nur als eines der ersten Register computergestützt arbeitete, sondern auch ohne gesetzliche Grundlage 40 Jahre lang als größte Datensammlung der BRD existierte. „Und als das Gesetz dann kam, ging es letztlich sang- und klanglos über die Bühne, weil sich der Protest an vielen Entwürfen totgelaufen hatte.“ Auch Dr. Robin Schneider vom Büro der Ausländerbeauftragten mußte eingestehen, daß es trotz enger Zusammenarbeit des Büros und des Datenschutzbeauftragten nicht gelungen war, die Notbremse in Sachen Ausländerzentralregistergesetz zu ziehen. Allerdings, so Schneider, seien im Büro der Ausländerbeauftragten nach Inkrafttreten des Gesetzes noch keine Fälle bekannt geworden, wo Daten mißbraucht worden wären. Ausländer, so das Fazit Garstkas, seien der schwächste Punkt im Ringen gegen den Datenmißbrauch. Er werde deshalb Vordrucke anregen, mit denen sie jene Auskünfte über die über sie gespeicherten Daten einholen können. Kathi Seefeld

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