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Rote Schleifen, schnörkellos

■ „Red Hot on Film“: Drei Filme über Aids aus Burkina Faso, Spanien und den Niederlanden (Panorama)

Die Idee von „Red Hot on Film“, einem Aids-Projekt an dem sich neben anderen auch Derek Jarman und Jonathan Demme beteilig(t)en, liegt darin, sowohl ein Spektrum der aktuellen Situation in verschiedenen Ländern als auch deren filmische Umsetzung zu zeigen. Die ProduzentInnen Marten Rabarts und Leigh Blake verstehen ihr in der Reihe „Dokumente“ laufendes Dreifilme-Programm gleichzeitig als Ehrung an den Panorama-Gründer Manfred Salzgeber, der im letzten Jahr an Aids starb.

„Afrique mon Afrique“ von Idrissa Ouédraogo erzählt die Geschichte des Möchtegern-Musikers Eugène, der Frau und Kind verläßt, um sein Glück in Abidjan zu suchen. Er verliebt sich – unglücklich – in die Prostituierte Kassi. Als diese an Aids stirbt, findet er die Kraft, sein Leben zu ändern. Der Film zeigt ein Afrika im Umbruch, in dem die Krankheit Aids das Handeln bestimmt. Daß dies auch als Chance begriffen wird, ist – neben dem äußerst unterhaltsamen Einblick ins savoir vivre à la burkinasienne – die Stärke des Films. Ouédraogo versteht sich auf die Vorzüge des cinéma beur: eine schnörkellos und gradlinig erzählte Story, gut geölt, nebst Situationskomik. Den erhobenen Zeigefinger didaktischer Prägung verzeiht man dem Film gerne, nicht nur weil es sich um den bislang einzigen afrikanischen Aids-Film handelt, sondern es mit einer gehörigen Portion Ironie geschieht. Mit seiner Unverklemmtheit und seinem Witz transportiert er einen Enthusiasmus, neben dem sich so manches hiesige Werk mit seiner moralisierenden Larmoyanz buchstäblich blaß ausnimmt. Über die strikt heterosexuelle und family values betonende Story läßt sich streiten, aber jedes Land hat spezielle Probleme, und seit wann muß ein Film alles abdecken?

Der zweite Beitrag „Lazos“ von Alfonso Ungria spielt in der Arena des Medienzirkus. Wo Heuchelei neben Ignoranz gedeiht, ist Aids ein Thema für den Party-Plausch. Mit – titelgebender – roter Schleife am Dinnerjacket erfährt Luis, daß er infolge eines früheren Techtelmechtels wahrscheinlich infiziert ist. Die Ausstattung des Films ist grell-pitoresk, seine Inszenierung erinnert an Video-Clips und Werbe-Spots in Benneton-Optik. Was wäre einem Almodovar an (visuellen) Exzessen dazu eingefallen!

Höchst eigentümlich ist „Paradise Framed“ von Paul Ruven aus den Niederlanden: Eine etwas hermetische Geschichte aus dem Nirvana eines Multimedia-Künstlers und seiner Anhänger. Ziemlich symbolbefrachtet geht es um Verlust, Tod und Identität. Mit Udo Kier als korruptem Colonel, vielen Bilderrahmen, erheblichem Kunstsinn und noch mehr Rätselhaftem. Mehr kann hier nicht verraten werden, alles andere wäre haltlose Exegese. Also, laßt Bilder sprechen! Gudrun Holz

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