: Soldaten müssen wieder leiden
■ Nach Rechtsstreit hängt Anti-Bundeswehr-Plakat in U-Bahn
Die evangelische Patmos-Gemeinde reizt seit vergangener Woche wieder die Bundeswehr. Seitdem werden Soldaten, die die U-Bahn benutzen, wieder mit jenen provokativen Plakaten konfrontiert, die zuletzt vor rund einem Jahr in den Bahnhöfen hingen: „Das lernt Mann in der Bundeswehr: drohen, töten, vernichten.“ Die erneute Präsentation erfolgte, nachdem die BVG mit einem Berufungsverfahren gegen die Patmos-Gemeinde vor dem Landgericht gescheitert war. Im April letzten Jahres hatte bereits das Amtsgericht Tiergarten der Kirche in Steglitz recht gegegeben und die Verkehrsbetriebe angehalten, die Plakate in der U-Bahn zu kleben.
Die Bundeswehr reagierte auf die neue Aktion prompt. Die Aussage des Plakats sei sachlich falsch, anstößig und diffamierend, lautet das Urteil einer vergangene Woche verbreiteten Presseerklärung. Zugleich wurde die Kirche aufgefordert, die „unfriedliche“ Kampagne zu beenden.
Der Streit um das Plakat der evangelischen Gemeinde begann vor rund einem Jahr. Die Anti- Werbung war als Beitrag zur Diskussion über Auslandseinsätze der Streitkräfte gedacht und wurde zunächst auch an 110 Stellen in der U-Bahn plakatiert. Doch schon nach drei Wochen kündigte die Werbefirma der BVG den Vertrag und ließ die Werbung entfernen – ursprünglich sollte sie sieben Monate zu sehen sein. Die BVG begründete den Rückzug mit der „Betriebsgefährdung“, die ihrer Ansicht nach von den Plakaten ausginge.
Der geschaßte Flottenadmiral a.D. Elmar Schmähling verteidigte die Aktion der Gemeinde. Die Aussage auf dem Plakat sei „in keiner Weise zu beanstanden“, schrieb er in einer Stellungnahme im Mai vergangenen Jahres. Ein vermittelndes Gespräch zwischen Gemeinde und Bundeswehr bei Hanna Renate Laurien (CDU) – Präsidentin des Abgeordnetenhauses – blieb ohne Ergebnis. Im November gab nun auch das Landgericht den Friedensaktivisten recht. Damit war der Weg für eine erneute Plakatierung frei. „Die gerichtliche Entscheidung ist klar und bindend, und wir halten uns nun daran“, erklärte ein BVG-Pressesprecher Ende letzter Woche.
Für CDU-Fraktionschef Klaus- Rüdiger Landowsky hingegen, der sich von Anbeginn in die Debatte eingemischt hatte, bleibt das Plakat nach wie vor eine „Geschmacklosigkeit erster Güte“ und „Ausdruck schäbiger Gesinnung“. Während er der Bundeswehr noch im April 1994 zu einer Klage gegen die Gemeinde geraten hatte, meint er nun: „Die Bundeswehr muß selber wissen, ob sie dagegen vorgehen will.“ Christoph Dowe
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