piwik no script img

Ordination von Frauen – why not?

■ Anders als in England verursachen Priesterinnen in Irland kaum Aufregung

Virginia Kennerley, die sich am Telefon stets mit „Ginnie“ meldet, hat durch einen Trauerfall zur Religion gefunden. Im Mai 1982 wurde ihr Mann Peter schwer krank, wenig später starb er. „Ich hatte mit der institutionalisierten Kirche nie etwas am Hut“, sagt sie, „aber durch Peters Krankheit wurde mir bewußt, wie wichtig die ständige spirituelle Unterstützung durch die Kirche ist. Hätte die Church of Ireland mir und Peter nicht geholfen, hätte ich das nicht durchgestanden.“ Nach dem Tod ihres Mannes begann sie am Dubliner Trinity College ein Theologiestudium, das sie 1986 mit Auszeichnung abschloß. Zwei Jahre später war sie Diakonissin, nach zwei weiteren Jahren Priesterin.

Auch in Irland gab es Widerstand gegen die Ordination von Frauen, aber längst nicht so stark wie in England. Lediglich zehn Mitglieder traten aus, darunter aber keine Pfarrer oder gar Bischöfe. Die Größe der Church of Ireland habe für relative Einigkeit gesorgt, glaubt Virginia Kennerley: Bei nur zwei Prozent protestantischer Bevölkerung kann man sich keine Spaltungen leisten.

In England sind die Auseinandersetzungen um das Thema bis heute nicht verstummt. Vorgestern war es genau ein Jahr her, daß die Church of England die ersten 32 Priesterinnen ordiniert hat. Seitdem sind der anglikanischen Kirche mehr als 200 Pfarrer und acht Bischöfe davongelaufen – ganz abgesehen von zahllosen KirchgängerInnen.

Ungeachtet der Proteste aber ist die Zahl der Priesterinnen inzwischen auf 1.400 angewachsen – das sind mehr als zehn Prozent des anglikanischen Klerus. Frauen stehen einem Achtel der 16.000 anglikanischen Kirchen vor. Und sie tun das sehr erfolgreich: Statistiken belegen, daß die Zahl der KirchgängerInnen in den Gemeinden, in denen Priesterinnen das Zepter schwingen, zum erstenmal seit 140 Jahren nicht rückläufig ist, sondern sogar ansteigt – trotz der Tatsache, daß man ihnen meist die schwierigsten Gemeinden zugewiesen hat, wo „die Dinge so schlecht standen, daß sie sogar eine Frau genommen haben“, wie ein Pfarrer es ausdrückte.

Der Streit um die Ordination von Frauen hat der anglikanischen Kirche insgesamt jedoch geschadet: Die Gemeinden, deren Pfarrer am vehementesten gegen die Priesterinnen eingetreten sind, haben die meisten Mitglieder verloren. Nicht alle sind zum Katholizismus übergetreten, viele gehen gar nicht mehr zur Messe.

Die Konvertiten wurden bei der katholischen Kirche nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen. „Sie repräsentieren den konservativen Block, der als Bollwerk gegen jede Reform in der Kirche dient“, sagt Peter Stanford, der Verfasser der „Anatomie der katholischen Kirche“. „Sie wehren sich gegen Innovationen in der Liturgie und ersticken liberale Tendenzen beim englischen Katholizismus schon im Keim.“ Myra Poole von der Initiative „Catholic Women's Ordination“ gibt ihm recht. „Wir wollen in der katholischen Kirche auch keine ausschließliche Männer-Priesterschaft mehr“, sagt sie, „denn sonst bleiben Frauen in der Kirche für immer Bürgerinnen zweiter Klasse.“ Ralf Sotscheck, Dublin

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen