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Parkraumbewirtschaftungskonzeptprobleme

■ Keine Autofahrer-Demos, dafür mehr freie Plätze / Sonderrechte für Behörden

In der Innenstadt kam es seit Einführung des „Parkraumbewirtschaftungskonzeptes“ zu sonderbaren Szenen. Ein Autofahrer bedrohte die Knöllchenausteiler mit einer Handfeuerwaffe und behauptete, seine Kühlerhaube sei zerkratzt worden. Ein anderer nahm eine Privatpolitesse gleich in den Schwitzkasten, nachdem sie ihm ein Bußgeldbescheid hinter den Scheibenwischer klemmte. Und selbst Wasserladungen aus höheren Geschossen mußten die Knöllchenverteiler erleiden.

Nicht unbedingt ein Traumjob also. Doch die Angestellten der privaten Betreiberfirmen müssen nur ausbaden, wofür die Politiker verantwortlich sind. Für Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus, hat sich bestätigt, daß das ganze Konzept „halbherzig und chaotisch“ ist. Die Förderung des Kurzzeitparkens habe keinen positiven Verkehrspolitischen Effekt, bemängelt er. Vielmehr müssen die Gebiete erheblich ausgeweitet werden und das „harte Anwohnerparken“, das Parken nur für Anwohner, gefördert werden. Außerdem sollten die Einnahmen nicht in Parkhäuser und Verkehrsleitsysteme, sondern in die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs gesteckt werden. Dennoch erkennt auch Cramer an: „Mir fällt auf, daß viele Parkplätze freibleiben.“

Überall in Mitte, Charlottenburg und Spandau stehen sie nun, die Geldschluckautomaten, an denen für eine Stunde Parken zwischen zwei und vier Mark berappt werden müssen. Allein in der westlichen City wurden 900 der 10.000 Mark teuren Geräte aufgestellt. Das dauert, bis die Automaten Gewinn einspielen. Die Betreiber können jetzt nur hoffen, daß nicht zu viele MitbürgerInnen alte 20-Zloty Münzen gebunkert haben: die sind nämlich genauso groß wie Fünfmarkstücke – und einiges weniger wert. Vielleicht kommt das Geld aber auch anders rein: an die 3.000 Bußgeldzettel wurden pro Tag bereits ausgeteilt. Und doch: Trotz der versuchten Bürgermobilisierung durch die Springer-Presse („Wehrt Euch!“) halten sich die Proteste in Grenzen. Auf einer Informationsveranstaltung im Rathaus Charlottenburg am Dienstag abend saßen sechs Experten auf dem Podium. Das Publikum indes bestand aus fast fünfundzwanzig Menschen, die Hälfte davon Journalisten.

Die Hauptsorge galt dann den Betroffenen in dem Randgebieten. Denn wer an der Grenze zur Zone wohnt, hat entweder Glück oder Pech: innerhalb der Zone leere Parkplätze, außerhalb stapeln sich an manchen Orten die Autos. Statt aber generell die Zonen auszuweiten, um die Pendler wirklich zum Umsteigen auf die BVG zu bewegen, kam von Staatssekretär Ingo Schmitt nur die Andeutung, daß am Stuttgarter Platz „wahrscheinlich nachgebessert“ werden müsse.

Nachbessern sollte die Verkehrsverwaltung auch an anderen Stellen. So ist dem Verkehrsgrünen Cramer nicht klar, warum ausgerechnet der Parkplatz neben dem Abgeordnetenhaus gebührenfrei ist. Offiziell wird das mit den Baustellen in Mitte begründet: es sei keine gute Idee, dieses Gebiet in das Konzept miteinzubeziehen. Die Gegend um das Abgeordnetenhaus sollte aber keine „Parkraumbewirtschaftungsenklave“ werden, so die Verkehrsverwaltung.

Interessanterweise ist auch der Fehrbelliner Platz ausgespart. Dort residieren mehrere Senatsverwaltungen, die nun auch weiterhin gebührenfrei parken können. Die Parkraumgrenze verläuft durch die Düsseldorfer Straße, mitten im Wohngebiet. Für diese Grenzziehung hat der Baustadtrat von Charlottenburg, Dietrich Maes (CDU) keine Erklärung, er fordert die Ausweitung bis zum Hohenzollerndamm.

Cramer aber hat eine Erklärung: „Mit Diepgen und Landowsky als Drahtzieher im Hintergrund hat die Verkehrsverwaltung die Parkraumzonen so geschnitten, daß das Abgeordnetenhaus und der Fehrbelliner Platz nicht einbezogen sind.“ Christoph Dowe

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