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Ganz Bremerhaven im Rausch?

■ Trotzdem wird jetzt vereinzelt Kritik am geplanten „Ocean-Park“ laut

Seit amerikanische ExpertInnen um den Architekten und Geschäftsmann Peter Chermayeff ihre Pläne für die angebliche Großattraktion „Ocean-Park“ in Bremerhaven vorgestellt haben, scheinen PolitikerInnen fast jeglicher Couleur in eine Art Rauschzustand versetzt. Die strukturschwache Stadt hat einen überdimensionalen Rettungsanker am düsteren Himmel gesichtet. Die Frage ist aber, ob er die Stadt aus dem Sumpf ziehen oder ob er sie kaputtschlagen wird.

Mehr als eine Million BesucherInnen pro Jahr soll der „Ocean-Park“ genannte Umwelt- und Themenpark ab 1999 in die Stadt locken. Der „Ocean-Park“ soll auf dem fast 4 Hektar großen Herzstück am Alten und Neuen Hafen mitten in der Stadt zwischen Fußgängerzone und Weserdeich gebaut werden. Im Kern wird er riesige, trockenen Fußes zu begehende Aquarien beinhalten, in denen die Unterwasserwelten gemäßigter Zonen und der Karibik erlebt werden können.

Der amerikanische Business-Man Chermayeff kann auf erfolgreich von ihm geplante und betriebene Einrichtungen ähnlicher Art in Baltimore, Boston, Chattanooga und Osaka verweisen. In den USA und in Japan florieren diese Kunstwelten, die den Menschen die Natur nahebringen sollen. Daß das europäische Pendant in Genua leider nicht so funktioniert, soll angeblich nur mit den hartleibigen italienischen PolitikerInnen zu tun haben.

Die erste Bauphase, die Chermayeff vorschlägt – für seine Planungen hat er immerhin schon fast eine Million Mark vorab aus öffentlichen Mitteln erhalten – umfaßt ein Aquarium, einen „Erkundungspavillon“, ein „Meereskunde-Center“ sowie ein „Sea Life Hotel“, Marina-Anlagen und eine Sportbootschleuse. Die Kosten für diese Suprastruktur der ersten Phase gibt Chermayeff mit 280 Millionen Mark an.

Kritik wird jetzt laut an der Finanzierung. Denn nach den bisher bekanntgewordenen Finanzierungsplänen ist nicht klar, welche Kosten die Öffentliche Hand tragen muß für die Herrichtung der Infrastruktur. Alleine in den vergangenen fünf Jahren haben die Stadt Bremerhaven und das Land Bremen ohnehin schon rund 60 Millionen Mark in die Infrastruktur-Verbesserung in diesem Bereich gesteckt. Und so bekommt auch das Schiffahrtsmuseum für seinen Erweiterungsbau 37 Millionen und der Zoo am Meer für einen Ausbau 35 Millionen. Dadurch wird es voraussichtlich zu erheblichen inhaltlichen Überschneidungen kommen, denn das Schiffahrtsmusuem wie auch der „Ocean-Park“ wollen sich der meereskundlichen Wissenschaft widmen.

Doch für eine Stadt mit fast 14 Prozent Arbeitslosigkeit gelten die Pläne zum Ausbau des Tourismus als Rettungsanker. So sieht es jedenfalls die Mehrheit der PolitikerInnen sowie die Monopolzeitung „Nordsee-Zeitung“. Diese setzt die Öffentlichkeit beinahe täglich unter Druck mit dem Motto „Die Chance kommt nie wieder.“ Etwa 1.000 Arbeitsplätze soll der „Ocean-Park“ bingen.

Rechnet man realistisch, daß zu den genannten 280 Millionen Mark für die Suprastruktur nochmal etwa die gleiche Summe für die Infrastruktur von der Instandsetzung der Kaien bis zum Straßenbau notwendig sein dürfte, ergibt sich für den ersten Bauabschnitt eine Gesamtinvestition von rund 500 Millionen Mark. Daß für die Infrastruktur auf jeden Fall die Öffentliche Hand herhalten muß, steht außer Zweifel, wieviel sie für die kommerziell genutzte Suprastruktur wird zahlen müssen, darüber halten sich die Tourismus- und Wirtschaftsförderer noch bedeckt. Chermayeff spricht bislang lediglich ganz unkonkret davon, daß er private Investoren für sein Projekt beschaffen werde. Peter Pletz von Bündnis 90/Die Grünen hat da noch ein ganzes Bündel von Fragen.

Kritik gibt es jedoch nicht nur an der Finanzierung. Jürgen Grube von der Architektenkammer sieht drei Problembereiche: 1. hält er es für gefährlich, den zentralen Stadtbereich ausschließlich touristisch zu nutzen. 2. befürwortet er eine sukzessive Entwicklung des „Ocean-Parks“, bei der mögliche Fehler korrigiert werden könnten. 3. hält Grube die Entwürfe achitektonisch für „drei Schritte zurück“. Er fürchtet, daß der Stadt ein Touristenghetto aufgeproft wird, das mit Bremerhaven nichts mehr zu tun hat.

Doch für Skepsis scheint jetzt kein Raum mehr. Chermayeff hat den Verantwortlichen die Pistole auf die Brust gesetzt: In vier Wochen will er das grundsätzliche Ja zu den Plänen und in spätestens vier Monaten die planerische Freigabe. Volker Heigenmooser

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