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SPD-Handschrift

■ Hessische Sozialdemokraten billigen mit großer Mehrheit Koalitionsvertrag

Offenbach (taz) – Mit 303 Ja-, 15 Neinstimmen und zehn Enthaltungen nahm der Sonderparteitag der hessischen SPD am Samstag den Koalitionsvertrag an. Vorher hatte Ministerpräsident Hans Eichel die GenossInnen in der Offenbacher Stadthalle bei jedem einzelnen Punkt beschworen, in dem Papier die zutiefst „sozialdemokratische Handschrift“ zu erkennen. Um diese Erkenntnis zu erleichtern, verlagerte Eichel ein wenig den Blickwinkel: „Wenn wir von den Wahlen 1999 aus denken, macht es Sinn, den Grünen das Justizministerium zu geben und dafür den Bereich der Altenpolitik wieder in unser Sozialressort integrieren zu können.“

Gleiches, so der Parteichef, gelte auch für die Bundesangelegenheiten. Die Abgabe des Justizministeriums an die Grünen klang fast wie eine Kampfansage an die Grünen: „Wer Schlüsselressort so definiert, daß er damit die Schlüssel für die Gefängnisse in die Hand bekommt, dem sage ich in drei Teufels Namen, da hast du sie!“ Gestaltet werden könne da wenig, stellte Eichel ganz systemkritisch fest: „Die Denkstruktur in diesem klassischen Ressort kommt ja aus der Zeit des Obrigkeitsstaates.“

Daß die Kontroverse zwischen den Linken aus Hessen-Süd und dem eher konservativen Verband aus dem Norden beigelegt seien, obwohl erstere bei der Verteilung der Ministersessel unterlagen, versicherten Exponenten beider Lager immer wieder. „Die Heidi“ Wieczorek-Zeul und „der Armin“ Clauss konnten es sich dennoch nicht verkneifen, vom Rednerpult aus nachzutreten und sich gegenseitig Polarisierung und Intrigen vorzuwerfen. Eichel hatte mit realistischem Blick auf die eigene Partei mehrfach festgestellt, daß „das meiste, was zwischen Rot-Grün strittig ist, auch in der SPD strittig ist“. Am gelassensten nahm das noch der als Opfer der Querelen ausscheidende Jörg Jordan hin, dessen Ministerium neu verteilt wird.

Die Kritik der Delegierten an den Inhalten war verhalten und meist interessenspezifisch. Sie blieben, wie Eichel, im gärtnerischen Bild und warfen den Grünen vor, mit dem „Rasenmäher“ sparen zu wollen. Die GEW protestierte derweil vor der Tür. Heide Platen

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