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Serben halten humanitäre Helfer fest

■ Fünf Mitarbeiter von "Apotheker ohne Grenzen" seit einem Monat in serbischer Gefangenschaft / Vorwurf der "antiserbischen Spionage" / Freilassung des Deutschen Ludwig Kraus angekündigt

Berlin (AP/taz) – Das Schicksal der von bosnischen Serben in den vergangenen Tagen festgenommenen Journalisten und humanitären Helfer ist weiterhin ungewiß. Der seit Samstag bei Sarajevo festgehaltene Deutsche Ludwig Kraus soll zwar nach serbischen Angaben bald freigelassen werden, genauere Zeitangaben wurden jedoch keine gemacht. Damit könnte es ihm ergehen wie einem Amerikaner und vier Franzosen – Mitarbeiter von „Apotheker ohne Grenzen“ –, die vor vier Wochen festgesetzt wurden und immer noch in serbischem Gewahrsam sind. Der 37jährige, für das „Deutsche Hilfswerk“ arbeitende Kraus war am Rande von Sarajevo gefangengenommen worden, als er sich mit seinem Fahrzeug verirrte und auf von Serben kontrolliertes Gebiet geriet.

Weiterhin ungeklärt ist auch das Schicksal von zwei Schweizern. Die Übersetzerin Maria Wernle- Matić und der Koordinator des Unesco-Projektes „Kulturbrücke Schweiz-Sarajevo“, Simon Gerber, waren am Montag an einem Checkpoint von serbisch-bosnischen Soldaten aus einem UNO- Fahrzeug herausgeholt und zu dem serbisch besetzten Stadtteil Ilidza gebracht worden. Weder Vertretern der UNO noch des Schweizer Außenministeriums ist es bisher gelungen, zu den beiden Kontakt aufzunehmen. Besonders gefährlich könnte die Festnahme für Wernle-Matić werden, die offenbar kroatischer Herkunft ist. Die beiden Schweizer werden beschuldigt, „antiserbische Propaganda“ betrieben zu haben, erklärte die Gesellschaft „Schweiz-Bosnien- Herzegowina“. Serbische Militärdienststellen hielten den beiden zunächst vor, in einem gestohlenen Fahrzeug unterwegs gewesen zu sein, UNO-Stellen dementierten jedoch sogleich. Eine weitere Beschuldigung lautet, die beiden hätten an ihrem Körper Fotoapparate und Filme versteckt gehalten, obwohl sie dies bei der Festnahme nach Angaben des Fahrers des UNO-Fahrzeugs abgestritten hätten. Die beiden Schweizer, die in Sarajevo den Besuch des Schweizer Schriftstellers Franz Hohler vorbereitet hatten, waren von einem Kleinbus der UNO mit dem Ziel Flughafen mitgenommen worden, dessen Fahrer anstatt den sicheren Weg über Dobrinja die Route durch die serbischen Linien gewählt hatte.

Weiterhin ist auch der Führer des Frauenkonvois nach Bihać, Mirko Busuk, in serbischer Haft. Busuk, der am Mittwoch voriger Woche nach Knin gereist war, um dort über die Erlaubnis zur Durchfahrt über serbisch besetztes Gebiet zu verhandeln, habe zwar die Unterstützung von UNO-Stellen, es gebe jedoch noch keine Anzeichen für seine Freilassung, erklärte ein Pressesprecher der UNO. Die 31 Lastwagen des Frauenkonvois nebst Fahrerinnen und Begleiterinnen warten seit dem 26. März im Niemandsland zwischen den Fronten in der Nähe der kroatischen Stadt Sisak auf die Erlaubnis zur Weiterfahrt nach Bihać.

Unterdessen haben die Kämpfe in Bosnien an Intensität gewonnen. Im ostbosnischen Tuzla wurde der Alarmzustand ausgerufen, im nahen Kampfgebiet auf dem Berg Mejevica sind serbische Truppen zu einem Gegenangriff übergegangen. Im zentralbosnischen Travnik sind es die bosnischen Truppen, die serbische Stellungen auf dem Berg Vlasic angreifen. Die Radiostation scheint nun endgültig in ihrer Hand zu sein.

Nach einem Bericht des ZDF soll der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Schwarz-Schilling Sonderbeauftragter für die Konstituierung der bosnisch-kroatischen Föderation in Bosnien- Herzegowina werden. Nähere Einzelheiten waren im Bonner Büro des Abgeordneten jedoch nicht zu erfahren. Schwarz-Schilling hält sich zur Zeit zusammen mit dem SPD-Abgeordneten Freimut Duve in Tuzla auf. er

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