■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: FDP-Richter auf CDU-Ticket
Von der CDU in Bremerhaven weiß man, daß mit ihr eigentlich nicht viel los ist. Jahrelange Abstinenz von der bescheidenen Stadtmacht erhöht auch nicht gerade die Attraktivität. Und jetzt ist genau dieser CDU ein Schatz in die Hände geraten, der sie in Turbulenzen stürzt.
Durch die faktische Spaltung der Seestädter SPD dürfen die Christdemokraten bei der Besetzung der Posten des Oberbürgermeisters und des Bürgermeisters mitreden. Doch das ist leichter gesagt als getan. Denn jahrelang forderten die Christdemokraten, den OB vom ganzen Wahlvolk direkt zu wählen. Gerade als selbst die gespaltenen Sozialdemokraten auf diese Linie einschwenkten, erkannte der Sunnyboy der Bremerhavener CDU, Michael Teiser, daß lieber doch noch schnell vor den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung gewählt werden könnte. Und er setzte sich mit dieser Linie durch.
Zwar ist noch unklar, wer von der Partei dafür in Frage käme – Teiser ist selbst als frischgebackener Bundestagsabgeordneter zur Zeit nicht interessiert –, doch das macht nichts. Teiser hat erstmal bei der Aufstellung der Liste zur Stadtverordnetenwahl kräftig hinter den Kulissen geschoben. Der langjährige Fraktionsvorsitzende Rolf Stindl, von Parteifreunden als „pastorales Weichei“ bezeichnet, bekam auf Platz eins der Liste den Seiteneinsteiger und ehemaligen Marinekommandeur Hans-Joachim Petersen vor die Nase gesetzt. Andere Anhänger des Fraktionschefs wurden auf aussichtslose Plätze verbannt, so zum Beispiel der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Tasso Weber.
Doch nun, bei der Wahl des Oberbürgermeisters, möchte Teiser, der sowohl im Kreis- als auch im Landesverband Stellvertreter ist, sein Meisterstück ablegen. Als nämlich Manfred Richter, als Landesvorsitzender der FPD Ampelsprengmeister und zur Zeit einigermaßen arbeitslos, bekanntgab, daß er gerne OB werden möchte, da gab Teiser kund, das sei ein interessanter Kandidat. Er fiel damit Rolf Stindl in den Rücken, der die Kandidatenlage noch nicht übersehen hat und davon redet, einige Kandidaten seien interessant, aber keinen Favoriten nennen kann.
Nachdem aber Teiser durchgesetzt hat, daß die Wahl des Oberbürgermeisters auf einen Termin drei Tage nach der Bürgerschaftswahl verschoben wurde, herrscht in der CDU vollends Konfusion. Dabei ist der Plan des Nachwuchsstrategen Teiser doch klug berechnet: vor der Wahl Richters FDP umschmeicheln, nach der Wahl aber die Bürgermeister-Posten auch noch für Verhandlungen um eine Große Koalition in die Waagschale werfen zu können, findet Rosi Roland
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