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Schottland ist Tory-freie Zone

■ In keiner einzigen der 29 Kommunen konnten die Konservativen die Mehrheit halten / Labour frohlockt

Edinburgh (taz) – Es kam für die Tories schlimmer als befürchtet: Bei den Kommunalwahlen am Donnerstag sind sie praktisch aus Schottlands Gemeinden vertrieben worden. 1.160 Sitze waren zu vergeben – ganze 79 davon dürfen die Konservativen besetzen. Mit einem Stimmanteil von elf Prozent sind die Tories auf einen historischen Tiefstand gefallen. In keiner einzigen der 29 Kommunen haben sie noch eine Mehrheit.

Ganz anders die Labour Party: Sie gewann 47 Prozent der Stimmen. Ihre 612 Bezirksräte kontrollieren 20 Kommunalverwaltungen – sie nehmen ihre Arbeit aber erst in einem Jahr auf, wenn die Neustrukturierung der Kommunen in Kraft tritt. Vor allem in den Städten schnitt die Partei gut ab. Die schottischen Nationalisten, die linke Scottish National Party (SNP), hatte sich wohl etwas mehr ausgerechnet: Zwar kam sie auf 27 Prozent, erlangte damit aber bloß 177 Sitze und stellt in drei Verwaltungen die absolute Mehrheit. Der SNP-Vorsitzende, Alex Salmond, war dennoch zufrieden. Die Wahlen haben gezeigt, daß es in Schottland eine klare Mehrheit zumindest für eine Teilunabhängigkeit von London gebe. Lediglich zwei Parteien hätten etwas zu melden, sagte er, da auch die Liberalen Demokraten keine Kommunalverwaltung unter ihre Kontrolle bringen konnten. Immerhin kamen sie auf 120 Sitze und verdrängten die Tories damit auf den letzten Platz.

„Das ist völlig unfair“, haderte der konservative Staatssekretär im Innenministerium, Michael Forsyth, mit den WählerInnen, „ich finde gar keine Worte, um das zu beschreiben. Es war ein katastrophaler Tag für uns – und ein guter für Labour.“ Das fand Labour- Chef Tony Blair auch: „Schon wieder ein großartiger Sieg für die Labour Party, eine Enttäuschung für die Nationalisten und ein Desaster für die Tories“, faßte er das Ergebnis zusammen, nicht ohne anzukündigen, daß man auch für die Kommunalwahlen in England und Wales in vier Wochen mit derartigen Erfolgen rechne.

Bei den dortigen Tory-Bezirksräten geht die Angst um. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Konservativen am 4. Mai mehr als tausend Sitze einbüßen und mit leeren Händen dastehen, was die Kontrolle der Kommunen angeht. Gestern versuchte man, sich gegenseitig Mut zu machen. Die niedrige Wahlbeteiligung von 44 Prozent lasse darauf hoffen, daß die Partei bei allgemeinen Wahlen besser abschneiden werde, meinte ein Unterhausabgeordneter. Darüber hinaus ziehen im schottischen Hochland eine Reihe „unabhängiger Kandidaten“ mit deutlichen Sympathien für die Tories in die Bezirksversammlungen.

Der Schottland-Minister, Ian Lang, betonte gestern nach wie vor, die Kommunalwahlen hätten nichts mit der Landespolitik zu tun gehabt. Wie es um das schottische Urteil über die Londoner Politik bestellt ist, werden die Tories jedoch früher erfahren, als ihnen vermutlich lieb ist: Anfang Juni findet im Wahlkreis Perth und Kinross eine Nachwahl für das Unterhaus statt, weil der exzentrische Rechtsaußen-Tory-Abgeordnete, Nicholas Fairbairn, im Februar gestorben ist. Es wäre ein Wunder, sollten die Tories den Sitz halten können. Ralf Sotscheck

Kommentar auf Seite 10

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