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Zeit für Katastrophenschutz

Die Jury des Künstlerhauses Bethanien wollte ihn nicht haben: Jetzt zeigt der japanische Künstler Kenji Yanobe seine ausgefeilten Sci-fi-Maschinen zum Glück im Treptower Parkhaus  ■ Von Ulrich Clewing

Das Ding sieht aus wie eine Mischung aus einem Mondauto und einem riesigen Insekt. Es steht auf vier schlauchartigen Beinen, hat einen langen Rüssel und trägt einen silbernen Panzer. Auf seiner Unterseite befindet sich eine eindrucksvolle Ansammlung technischer Apparate. Wirft man 50 Pfennig in einen Schlitz, verströmt die Maschine den Duft von Honig. Titel der Arbeit: „Sweet Harmonizer II – für unendliches Glücksgefühl“.

Konstruiert hat dieses Gerät der japanische Künstler Kenji Yanobe. Yanobe, 1965 in Osaka geboren, Absolvent der Kunsthochschule in Kyoto und des Royal College of Arts in London, ist in Berlin inzwischen kein Unbekannter mehr. Zwei seiner „privaten Maschinen“, der „Sweet Harmonizer I“ und „Marking Dog“ – ein mit Stoßdämpfern, Videokamera und unzähligen Konvexspiegeln ausgestatteter elektrischer Rollstuhl –, waren vergangenes Jahr bereits bei dem Projekt Nachtbogen der Galerie O 2 in der Oderberger Straße in Prenzlauer Berg zu sehen. Nun zeigt das Kunstamt Treptow in seinen Räumen in der Puschkinallee 5 außer „Sweet Harmonizer II“ und „Marking Dog“ noch einen dritten Eigenbau Marke Yanobe: die „Yellow Suit“ aus dem Jahr 1991, eine Art Katastrophen- Schutzanzug für den Fall der Fälle, Geigerzähler inklusive.

Maschinenkunst ist ein Feld, das in Berlin in den letzten Jahren eine ganze Reihe Künstler beackert haben. Kenji Yanobe stellt sie alle in den Schatten. Verglichen mit seinen Apparaten, sind die spektakulären Aktionen der englischen Mutoid Waste Company, ist das, was im Tacheles passiert oder die Dead Chickens fabrizieren, provinzieller Post-Punk und Kinderkram. Yanobes Automaten sind anders: Sie stecken voller Witz, sind dabei in beängstigender Weise technisch ausgefeilt und wirken gleichzeitig hochgradig dekadent. Vor allem – die Maschinen funktionieren perfekt. Sie machen Horrorvisionen wahr, wie man sie sonst nur aus Comics kennt. Der Mensch, unfähig zur Selbsthilfe vor sich hin vegetierend, inmitten einer durch seine eigene Gewalttätigkeit und Ignoranz zerstörten Umwelt.

Verkaufen läßt sich so etwas schlecht. Und Yanobe, so hört man, will das auch gar nicht. Er ist einer der Künstler, die bei ihrer Arbeit auf staatliche Förderung angewiesen sind – und auf ein Netzwerk privater Initiativen, das sich nicht an den Gesetzen des traditionellen Kunstmarktes orientiert.

Ein Stipendium der Tokyo Group Foundation ermöglichte ihm, seine Apparate letztes Jahr nach Berlin zu verfrachten. Nachdem die Bewerbung um ein Atelier im Künstlerhaus Bethanien am Veto der Jury scheiterte, sprang der Mengerzeile e.V. ein. Hervorgegangen ist dieser vor zwei Jahren von rund zwei Dutzend Künstlern gegründete Verein aus einer Gruppe von HdK-Studenten, die zunächst eine leerstehende Fabrik am Treptower Schmollerplatz besetzt hatten.

Als das Gebäude geräumt werden mußte, machte der damalige Atelierbeauftragte des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK), Bernhard Kotowski, die Künstler auf das nahe gelegene Haus in der Mengerzeile 3–5 aufmerksam. Seither unterhält der Verein dort ein Atelierhaus, in dem auch ein Gastatelier eingerichtet ist, das im Rotationsverfahren an auswärtige KünstlerInnen vergeben wird. Hier konnte Yanobe die vergangenen neun Monate arbeiten. Hier entdeckte ihn auch Ute Tischler von der Galerie im Parkhaus, wodurch die Ausstellung zustande kam.

Doch damit wird bald Schluß sein. Demnächst wird Yanobe ausziehen müssen, zumal die Leute von der Mengerzeile selber nicht wissen, wie es bei ihnen weitergeht. Ihre Mietverträge werden lediglich von Jahr zu Jahr verlängert – wegen unklarer Eigentumsverhältnisse, heißt es. Zeit für eine neue Katastrophenschutz-Maschine, Herr Yanobe.

Galerie im Parkhaus, Puschkinallee 5, Treptow. Mi.–Sa. 15–19 Uhr. Bis 25.5.

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