„Filtrationslager“ in Grosny

■ Zivilisten werden dort von Russen inhaftiert und gegen gefangene Militärs ausgetauscht

Grosny (taz) – Russische Truppen haben in Tschetschenien mindestens drei sogenannte „Filtrationslager“ errichtet. Zwei befinden sich in der Hauptstadt Grosny, eins in der westtschetschenischen Ortschaft Assinowskaja, einer ehemaligen Hochburg der Anhänger des tschetschenischen Präsidenten Dschochar Dudajew. Bisher war lediglich die Existenz eines derartigen Lagers im Operationszentrum der Armee im russischen Mosdok bekannt. In den „Filtrationspunkten“ werden neben Kriminellen hauptsächlich willkürlich aufgegriffene Bürger Tschetscheniens inhaftiert. Sie werden von den Russen gegen gefangene Militärs ausgetauscht.

Wie Freigelassene gegenüber der taz bestätigten, wurden sie im „PAP1“ in Grosny auf brutalste Weise mißhandelt und bis zur Bewußtlosigkeit geschlagen. Etwa siebzig Gefangene sitzen in dem Lager. Gegen horrende Geldsummen besteht die Möglichkeit zum Freikauf. Neben sechs Männerzellen verfügt das Lager über einen gesonderten Raum für Frauen. Mutmaßungen zufolge, die allerdings nicht überprüft werden konnten, sollen sich Soldaten an ihnen vergehen. Die tschetschenischen Übergangsbehörden unternehmen nichts, um Angehörigen den Verbleib der Vermißten mitzuteilen.

Nach Angaben des Chefs der von Moskau eingesetzten Übergangsregierung in Grosny, Salambek Chadschijew, kontrolliert die russische Armee inzwischen nahezu das ganze Gebiet der Kaukasusrepublik. Gegenüber der taz befürwortete er eine Beteiligung Präsident Dudajews an den nächsten Wahlen. Als eine Lösung des Krieges schlägt Chadschijew vor: „Dudajew tritt zurück und unsere Regierung ebenfalls, dann finden Wahlen unter internationaler Kontrolle statt.“ Ausdrücklich verwahrte sich Chadschijew gegen die von Moskau betriebene Kriminalisierung Dudajews. khd Reportage Seite 11