: Altbau-Sanierung droht die Streckung
■ Bericht für Senats-Ausschuß 2000: Finanzierung der Sanierungsgebiete offen / 85 Prozent der Gelder erst ab 1998
Die flächendeckende Sanierung von Altbaugebieten in Ostberlin droht auf den Sankt-Nimmerleins- Tag verschoben, Vorhaben im Westteil der Stadt sogar gänzlich begraben zu werden. Nach einem Bericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz an den Senats-Ausschuß 2000 ist die Finanzierung der 29 Sanierungsgebiete bis 1998 nur zu 15 Prozent gedeckt. Der Rest – nämlich 85 Prozent der Gelder für die Infrastruktur – ist laut Vorlage erst für den Zeitraum danach vorgesehen.
Angesichts der fehlenden Finanzmittel des Landes wird in Senatskreisen offen darüber nachgedacht, den Zeitraum für die Sanierung einzelner Gebiete erheblich zu strecken. So folgert der Bericht, daß grundsätzlich über den beabsichtigten Investitionszeitraum von 20 Jahren diskutiert werden müsse, weil dies „der Intention des Gesetzgebers widerspricht“.
Für Westberlin wird die völlige Abkehr von der bisherigen Linie erwogen. Das Instrument der Sanierungsgebiete stehe dort „aufgrund der Qualitätsverbesserung in den letzten Jahren und der Mittelknappheit in der Regel (...) in Frage“, heißt es wörtlich.
Von den 29 Sanierungsgebieten wurden laut Bericht bislang 17 förmlich festgelegt. In zwölf weiteren Fällen steht die hierfür notwendige Rechtsverordnung noch aus. Dramatisch lesen sich die Zahlen des Berichts insbesondere für einige der Ostberliner Projekte. Für das Sanierungsgebiet rund um den Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg wurden für die Jahre 1994 bis 1998 nur 4,9 Millionen von den Gesamtkosten in Höhe von 239,2 Millionen Mark veranschlagt. Erst danach soll die Hauptsumme – 234,3 Millionen Mark – zur Verfügung gestellt werden. Ebenso düster sind die Aussichten für die Rettung der Altstadt in Köpenick: In der Investitionsplanung bis 1998 werden lediglich 3,9 Millionen Mark als Anschubfinanzierung berücksichtigt. Die restlichen 338,7 Millionen Mark sind erst kurz vor der Jahrtausendwende in der Kostenübersicht eingeplant.
Acht Sanierungsgebiete gehen derzeit ohnehin leer aus und sollen erst frühstens in drei Jahren Mittel erhalten – darunter das Projekt an der Warschauer Straße. Die haushaltspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Michaele Schreyer, nahm das neue Zahlenwerk gestern zum Anlaß, eine „Umorientierung“ bei der Investitionsplanung zu fordern. Statt Neubaugebiete zu finanzieren, sollten die Mittel besser für Sanierungsmaßnahmen bereitgestellt werden, um den Verfall der Altbauquartiere zu stoppen. Severin Weiland
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