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Österreich will Energiesteuer

■ Nachdem die EU sich von einer europaweiten Energiesteuer endgültig verabschiedet hat, plant die österreichische Regierung den nationalen Alleingang / Selbst die ängstlichen Finanzpolitiker ziehen mit

Berlin (taz/rtr) – Österreichs „nationaler Alleingang“ steht kurz bevor. Möglicherweise noch in diesem Jahr will die regierende Große Koalition aus SPÖ und ÖVP eine Energiesteuer einführen. „Ein Alleingang ist nicht nur wirtschaftlich ohne Nachteile, er ist auch sinnvoll“, sagte der österreichische Umweltminister Martin Bartenstein (ÖVP) bei der Vorstellung einer Studie des österreichischen Wifo-Instituts.

Der politische Streit über die Notwendigkeit einer Energiesteuer ist in Österreich damit weitgehend überstanden. Nachdem in den letzten Monaten vor allem sozialdemokratische Politiker zögerten, vollzog das SPÖ-geführte Finanzministerium jetzt offensichtlich einen Kurswechsel: „Es gibt einen Prozeß der Annäherung, auch von unserem Ministerium aus“, erklärt Peter Gumpinger, Pressesprecher des Finanzministeriums. Der Zwang zu einer „Ökologisierung des Steuersystems“ sei mittlerweile auch in seinem Haus unbestritten.

Diese Einigung im neuen EU-Mitgliedsstaat Österreich kommt gerade im rechten Moment. Denn die Europäische Union hat nun endgültig verkündet, daß es keine europaweite gemeinsame Energiesteuer geben wird. Statt dessen plädiert die EU- Kommission nun bis zum Jahr 2000 für ein „flexibles System“. Im Klartext: Jedes Land macht so viele – oder eher so wenige – Energiesteuern, wie es will.

Wichtige Details der österreichischen Energiesteuer sind allerdings noch nicht festgelegt. So ist der genaue Steuersatz noch nicht ausgehandelt. Der Umweltminister schlägt nun vor, anfangs pro Kilowattstunde Energieverbrauch knapp 10 Groschen, umgerechnet 1,4 Pfennige, zu kassieren. Die Stromrechnungen der Haushalte würden dadurch etwa um zehn Prozent steigen. Eine erste Ausnahme hat Umweltminister Bartenstein auch schon angekündigt: Die Autofahrer bleiben zunächst auf jeden Fall von höheren Benzin- und Dieselpreisen verschont, weil die Regierung zum 1. Mai soeben die österreichische Mineralölsteuer erhöht hat.

Ebenfalls unklar ist noch, wofür das erwartete Steueraufkommen von knapp zwei Milliarden Mark ausgegeben wird. Die üblichen drei Varianten stehen zur Wahl: Senkung der Lohnnebenkosten, Investitionen ins Energiesparen sowie Haushaltskonsolidierung. „Die genaue Aufteilung der Einnahmen zwischen diesen drei Möglichkeiten ist noch umstritten“, gibt der Sprecher des Umweltministeriums, Martin Wurglits, zu. Vor allem die Finanzpolitiker erhoffen sich in Österreich offensichtlich zusätzliche Mittel, um Haushaltslöcher zu stopfen.

Genau davon rät die neue Studie des Wifo-Instituts allerdings ab: Wachstum und Beschäftigung würden sich am besten entwickeln, wenn mit den kassierten zwei Milliarden Mark die Lohnkosten gesenkt und fortschrittliche Technologien gefördert werden. Darin ähnelt die Studie der deutschen DIW-Untersuchung. Allerdings wurde die österreichische Studie nicht von Greenpeace in Auftrag gegeben, sondern von den ÖVP- Ministern für Umwelt und für Landwirtschaft. Daß das in der Bundesrepublik noch undenkbar ist, verdeutlicht die Stellungnahme des Bonner Umweltministeriums zum endgültigen Aus der europaweiten Energiesteuer: „Kein Kommentar“, hieß es gestern in der Pressestelle von Umweltministerin Angela Merkel. Felix Berth

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