■ Normalzeit: Maklerloser Westen
Es ist wie ein Fluch. Immer wenn ich mich für einen Unternehmer beziehungsweise seine Firma begeistere, geht die kurz darauf den Bach runter oder gerät zumindest ins Zwielicht. So jetzt auch Gerhard Fuchs-Kittowski, der jüdische Restitutionsansprüche bearbeitet. Kaum hatte ich einen Text über ihn (nach drei Jahren Bearbeitung!) fertig, trat schon die Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität auf den Plan, das heißt, Manfred Kittlaus und Uwe Schmidt forschten hinter ihm her.
Ausgegangen war das Ganze von einer CDU-Strafanzeige, zu der Finanzsenator Elmar Pieroth erklärt hatte: Die schweizerisch- israelische Tabfin AG (in der Gloria-Passage) sowie deren Revitam GmbH habe 1.400 Restitutionsanträge gestellt, ohne eine Vollmacht der Erben zu besitzen. Fuchs-Kittowski hatte eine ganze Zeitlang in der Tabfin AG gearbeitet, das heißt, er war Partner der beiden Geschäftsleute aus Zürich und Tel Aviv. Sie schulden ihm immer noch einige 100.000 Mark. Er war dann aus der Firma ausgetreten, weil er deren „allzu raffgierige“ Praktiken nicht mitmachen wollte. Dazu gehörte auch das aktive Restitutionsbetreiben – ohne dafür von einem Klienten beauftragt zu sein. Ich bleibe dabei: Fuchs-Kittowski arbeitet sauber.
Hintergrund für die Ermittlungen ist sowieso etwas ganz anderes: Der Immobilienmarkt bricht zusammen. Eine dreiviertel Million Quadratmeter Bürofläche steht bereits leer, Bauträger wie die Concordia AG lassen ihre Rohbauten inzwischen schon ruhen, obwohl sie bereits verkauft sind – die Concordia-Objekte in der Friedrichstraße und in der Kommandantenstraße beispielsweise an den BASF-Pensionsfonds, für ihr fertiggestelltes Weißensee-Objekt werben sie inzwischen auf Plakatwänden.
Der Osten wird für Immobiliengeschäfte wieder „Pampa“, selbst Unter den Linden und am Alexanderplatz. Münchner und Düsseldorfer Modegeschäfte wollen nicht mal mehr an den Kurfürstendamm: „Zu prollig.“ Die Quadratmeterpreise für Läden spreizen sich dort aber immer noch zwischen 56 und 250 Mark, obwohl fast jeden Tag ein Laden dichtmacht, für Büros zahlt man am Ku'damm jetzt 23 Mark, im Höchstfall 28 Mark. Es sieht also schon ziemlich finster aus.
Dafür ist das „Klingbeil-Konsortium“ (Pietzsch, Müller, Guttmann und Groencke), über die ich stets Schlechtes zu berichten versuchte, aktiv wie eh und je. Im Vereinsheim der Freunde der italienischen Nationalgalerie, das „Ciao“ am Ku'damm, ließen sie sich schußsichere Scheiben einbauen, nachdem auf Guttmann ein Mordversuch verübt worden war. Groencke brannte mit einer Studentin durch und verließ seine Frau. Klingbeil bekämpfte erfolgreich seinen Prostatakrebs und feierte, flankiert von nackten Bodybuildern, ein rauschendes Geburtstagsfest. Heinz eröffnete stolz wie ein Spanier sein „Pietzsch-Palais“ samt Riesenbilderwand Unter den Blinden, derweil sein Schwiegervater den KoKo-Häschern Kittlaus und Schmidt entkommen konnte und sich nach Israel absetzte. Und Architekt Müller, der immer behauptet hatte, seine Hausverwaltung sei noch effektiver als die von Trigon? Um Müller ist es irgendwie ruhig geworden, während in der Stadt weiter die „Trigon“-Bauschilder von Guttmann und Groencke aufs frühlingshafteste sprießen.
Ach, die Welt ist alt und übel! Helmut Höge
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