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■ NormalzeitVon Burda zu Burma-Moden

Nicht ohne Schadenfreude beobachtet man derzeit einen rapiden „Wertverlust“ bei den Ku'damm-Immobilien, wo es nach der Wende all die abstauberischen Unternehmensberater, Anwälte und Makler hinzog – wegen der „Topadresse“. Jetzt macht dort bereits jede Woche ein Laden dicht, gerade erwischte es das Thai-Restaurant hinter dem Lupe-Kino – per Gerichtsvollzieher. Leider ist das Berliner Top-Multikulti-Dreieck zwischen Bahnhof Zoo, Gedächtniskirche und Ku'damm-Karree durch diese Proletarisierung ebenfalls gefährdet, obwohl es noch expandiert. Links und rechts vom Presse-Café am Zoo gibt es jetzt eine türkische und eine Karibik-Disco, und in der Wilmersdorfer Straße Berlins einzige (vietnamesische) Asien- Discothek.

Interessant ist auch das 1997 abrißfällige Ku'damm-Eck, in dem ich bisher nur den Besitzer des „Berliner Panoptikums“ (im 3. OG) kannte, weil er mal zwischen seinen Wachsfiguren eine verdienstvolle Endart-Ausstellung organisierte. Es gibt dort aber auch noch das Restaurant „Peking-Ente“ mit Draußensitzen, den bei allen Berliner Thais beliebten großen (vietnamesischen) „Asia-Shop“, dem neuerdings ein vietnamesischer Video- und Casetten-Laden „Mekong“ angeschlossen ist. Ferner das Döner-Restaurant „Euphrat“ und den Lachsbrötchen-Imbiß „Caspien“, den der iranische Veterinärmediziner Abbas Sabet aus Schasawar betreibt. In diesem Ort am Kaspischen Meer (Caspien) vergaß Schah Pahlewi Senior einmal nach einem Picknick seinen Stock, seitdem heißt er so.

Im „Caspien“-Imbiß findet derzeit eine Ausstellung burmesischer Heimarbeiten statt, bestehend aus Ranguner Marionetten, Modellfischkuttern, Jade-Kacheln, Silberschalen, Perlmuttschachteln, Holzbestecken, Hampelmännern und – vor allem – Seidenblusen, -röcken, -jacken und -hemden. Die Kleidungsstücke hat die Ausstellerin Ma Thein, eine Arakanesin aus Rangun, entworfen und dann von Frauen aus Dörfern der Umgebung Ranguns nähen lassen. Ähnlich entstanden auch die anderen Burma-Sachen, die Ma Thein hofft, in den hiesigen Läden absetzen zu können, die Preise dafür stehen noch nicht ganz fest. Derzeit ist sie wieder in Rangun, um dort einen Kindergarten für die Mütter zu organisieren, die für sie arbeiten.

Ein ähnliches Burma-Export- Unternehmen betreibt auch die in Chiang Mai lebende Karen Esther Saw Lone in ihrem „Indigenious Women Development Center“. Diese Organisation bildet Karen-Frauen aus, die durch den Bürgerkrieg in Burma ihre bäuerliche Existenz verloren haben, und hilft ihnen beim Aufbau einer eigenen „Heimarbeits-Industrie“ im thailändisch-burmesischen Grenzgebiet.

Ma Thein hatte zur Eröffnung ihrer Ausstellung burmesischer „Handcraft“ nicht nur eine Reistafel im „Caspien“ vorbereitet, sondern auch das Berliner „Burma-Project“ eingeladen – eine politische Vereinigung von Exilburmesen. Seit der Spaltung der KNU-Guerilla (Karen National Union) in Buddhisten und Katholiken, der die Eroberung ihres Hauptquartiers Manerplaw durch Truppen der Militärdiktatur (Slorc) folgte – woraufhin große US-Thai-Konzerne ihre burmesischen Rohstoffausbeutungsprojekte forcierten, was wiederum zur Entdeckung des „Reiselandes Burma“ durch bundesdeutsche Touristikunternehmen führte –, sind auch die europäischen Gruppen der Exilburmesen in ihrem Kampf gegen den Slorc (State Law and Order Restauration Council) uneins geworden. Erste Anzeichen dafür sind eine Reihe sozialer und medizinischer „Projekte“ in Burma – von hier aus, aber auch Import- Export-Initiativen – wie zum Beispiel die von Ma Thein im Erdgeschoß des Ku'damm-Eck. Helmut Höge

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