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Viele wollen Brent Spar

■ Deutsche PolitikerInnen wollen Ölplattform ins Land des Boykotts holen

Kiel/Berlin (taz) – Die schleswig-holsteinische Umweltministerin Edda Müller (parteilos) hält die Entsorgung der Ölplattform Brent Spar unter bestimmten Umständen in Schleswig-Holstein für möglich. Unternehmen in ihrem Land hätten das Know-how dafür, meinte Müller. Allerdings müßte vorher ein überzeugendes Konzept für die technische Machbarkeit einer Verschrottung an Land vorliegen. Ebenso müsse die Entsorgung der giftigen Abfälle aus der Bohrinsel im Vorfeld geklärt sein. Eine Gefährdung der Umwelt insbesondere des sensiblen Wattenmeers während des Transports der Shell-Anlage müsse ausgeschlossen werden. Auch Niedersachsen meldete bereits Interesse an einer Landentsorgung an. Und der Kölner Künstler Peter Pick möchte aus der Ölplattform gerne eine Großskulptur bauen und den Schrott in eine „sinngebende Form“ verwandeln.

Für eine Entsorgung in seichten Küstengewässern muß die Brent Spar, deren Versenkung Greenpeace letzte woche verhindert hat, auf die Seite gekippt werden. Mögliche Gefahr nach Expertenmeinung: Die Plattform könnte dann auseinanderbrechen und ein Teil der Giftstoffe aus den Tanks auslaufen. Der schleswig-holsteinische CDU-Abgeordnete Dietrich Austermann hatte vorgeschlagen, die Brent Spar nach Brunsbüttel zu schleppen und dort zu entsorgen. In einem Zeitungsbericht von Samstag wies ein Sprecher der Kieler Werft HDW (Howaldtswerke- Deutsche Werft AG) auf die wirtschaftlichen Probleme einer Verschrottung in Deutschland hin. Sämtliche „guten hiesigen Werften“ seien zum Abwracken einer Bohrinsel zwar technisch in der Lage. Wegen der vergleichsweise niedrigeren Lohnkosten würden derartige Aufträge jedoch fast ausschließlich von Unternehmen in Fernost ausgeführt.

Ein Sprecher der britischen Shell sagte in London, es sei noch überhaupt nicht der Zeitpunkt für eine Auftragsvergabe gekommen. Die Brent Spar werde am Wochenende bei den Shetlandinseln untersucht. Dann liege auch noch der Vorschlag Norwegens vor, die Plattform vorübergehend in einem Fjord zu parken. Shell UK führen derzeit darüber Gespräche mit der norwegischen Regierung.

Der Konstrukteur der Ölplattform, Kapiteijn, warnte in der niederländischen Zeitung Trouw vor einer Verschrottung an Land. Die Kosten und Risiken seien dafür viel zu hoch. Die Brent Spar sei entwickelt worden, um aufrecht zu schwimmen. Nur dann sei das Verhältnis zwischen Wasserdruck und Ballast an Bord richtig. Werde die 14.000-Tonnen-Plattform im Wasser flachgelegt, um sie später an Land zu ziehen, werde sie tiefer sinken, und es bestehe die Gefahr, daß sie dann auseinanderbricht.

Unterdessen hat die deutsche Shell einen Entschädigungsfonds eingerichtet, mit dem sie die Absatzausfälle von Tankstellenpächtern aufgrund des Boykotts ausgleichen will. KEK/aje

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