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Die Hosen runter: Topless zur top '95

■ Wieviel „mehr“ hat die Zukunft? / Und was sagt uns Claudia Nolte?

Top bedeutet „Spitze“. Ein Topmodel, das ein Topgehalt bezieht, ist zu deutsch ein Spitzenmodell mit Spitzengehalt. Frauen sind Spitze, weiß ich ja – aber an der Spitze sind wir deshalb noch lange nicht. Die Spitzenpositionen haben Männer, und sie sind es auch, die die Topgehälter beziehen und die Spitzenpositionen besetzen. Deshalb heißt die Messe für Frauen sinnigerweise „top“ (wie lucus a non lucendi).

Claudia Nolte, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen, Jugend und Zimmerpflanzen, ist eine der ganz wenigen Frauen, die bei uns eine Top-Position innehaben. „Ich freue mich, hier an der Eröffnung der top '95 teilnehmen zu können“, so begann sie am Donnerstag ihre Eröffnungsrede und fuhr fort: „Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto ,Mehr Zukunft für Frauen‘. Zwei Monate vor der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking hätte es kein besseres Motto geben können. Denn weltweit setzt sich die Erkenntnis durch, daß wir die Zukunft nur dann erfolgreich werden gestalten können, wenn Frauen wirklich gleichberechtigt daran beteiligt werden.“ Wen meint sie bloß mit diesem zukunftsgestaltenden „Wir“, das sie den Frauen gegenüberstellt? Ist sie denn nicht selber eine Frau? Und wie, bitte, sollen Frauen an der Zukunft beteiligt werden? Die Zukunft steht in den Sternen, wie jede weiß. Statt an der Zukunft wäre ich doch lieber an der Macht beteiligt. Das ist handfester.

Sie kann sich kein besseres Motto vorstellen, sagt Frau Nolte. Dabei ist das Motto völlig sinnleer – heiße Luft wie die meisten Werbesprüche. Wenn Frau Nolte, die für uns zuständige Ministerin, es aber top findet, sollte uns das sehr zu denken geben. Mehr Zukunft für Frauen? Jede Frau hat exakt soviel Zukunft, wie das Schicksal ihr beschieden hat. Je älter sie wird, um so weniger Zukunft hat sie, es ist aber in jedem Fall mehr Zukunft, sprich: Lebenserwartung, als ein gleichaltriger Mann hat.

Natürlich ist in dem Motto mit „Zukunft“ etwas anderes gemeint als „Lebenserwartung“. Aber was immer gemeint sein mag, es ist so schön verschwommen, daß niemand darauf festgelegt werden, nichts eingeklagt werden kann. Sagen wir es rundheraus: Zukunft haben wir Frauen in den Industrienationen genug. Was uns fehlt, sind Geld, Macht und Einfluß. „Mehr Geld für Frauen“, das wäre schon kerniger als Motto.

Mehr Geld für Frauen also – gut! Vielleicht eine Mark mehr? Wir sehen, an dem von Nolte so geschätzten Motto fehlt noch allerlei, um ihm irgendeinen konkreten Sinn zu verleihen. Mehr Geld für Frauen als für den Tierschutz? Den Sport? Oder gar, Gipfel der Vermessenheit: Mehr Geld (Macht, Einfluß) für Frauen als für Männer? Wir werden es nie erfahren, aber „mehr“ macht sich immer gut. Mehr Zukunft für Frauen als für Eintagsfliegen. Genau! Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

Frau Nolte teilt am Ende ihrer Rede mit: „Für die Bundesregierung werden auf der Weltfrauenkonferenz unter nationalen ebenso wie internationalen Aspekten die Themenbereiche ,Menschenrechte‘, ,Gewalt gegen Frauen‘ sowie ,gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Bereichen und auf allen Ebenen des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens‘ im Vordergrund stehen.“ Mögen diese Themen in Peking ruhig im Vordergrund stehen, solange sie hier in Bonn schön im Hintergrund bleiben. Gleichberechtigte Teilhabe auf allen Ebenen des politischen Lebens? Für Frauen? In der Bundesregierung? Soll das ein Witz sein, Frau Nolte, oder können Sie nicht zählen? Luise F. Pusch

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