: BUND hat Löcher in der Kasse
■ UmweltschützerInnen schicken Drückerkolonne zum Spendensammeln
„Der BUND braucht Geld.“ Georg Wietschorke, stellvertretender Bremer BUND-Geschäftsführer, formuliert sein Anliegen schlicht und unmißverständlich. Zwar finde gerade bei der Bremer Bevölkerung die Arbeit des BUND eine breite Akzeptanz; von den etwa 70 Prozent der EinwohnerInnen, die den BUND kennen, unterstützen die meisten seine Arbeit zumindest inhaltlich, so Wietschorke weiter. Aber: „Wir brauchen zur Zeit mehr als Schulterklopfen.“ Die Einnahmen sind um 30 Prozent zurückgegangen, und die Mitgliederzahlen von derzeit 2.100 stagnieren. Angesichts des 20.000-Mark-Lochs in der BUND-Kasse müssen die Verantwortlichen nun sogar daran denken, zum Jahresende den BUNDspecht-Ökoladen am Dobben zu schließen. Denn das Personal kann dann nicht mehr bezahlt werden.
Dabei werde die Umweltbewegung gerade jetzt dringend gebraucht. Nicht erst seit der Bildung der Großen Koalition gerate die Umweltpolitik Bremens zunehmend ins Abseits, klagt Wietschorke: Die „Sanierung mit dem Betonmischer“, die Außenweservertiefung, Mittelweserverflachung, das Plattmachen der Naturschutzgebiete durch Gewerbeansiedlung und die Ablehnung der Nauturschutzgebietsauszeichnung Niedervieland III und Hemelinger Marsch, das seien nur die ersten Weichenstellungen einer längerfristige Entwicklung. Vor allem die Zusammenlegung des Umweltbereichs mit anderen „Randthemen“ wie Soziales und Jugend in Tine Wischers Multiressort zeige deutlich, „daß man den Umweltschutz in eine Ecke drängen möchte, in der er sich nicht mehr bewegen kann“, so Ingeborg Schröder, Vorstandsmitglied des BUND. Sie hat sich sich als Schirrmherrin einer Aktion zur Verfügung gestellt, deren Ziel die weitgehende finanzielle Unabhängigkeit von Senatsmitteln ist – denn daß aus diesen Töpfen bald nur noch wenig fließen wird, das ist abzusehen.
Geld bekommt man am besten, wenn man die potentiellen GeldspenderInnen persönlich anspricht, so lautet schon die alte Weisheit der caritativen Verbände. Deshalb übernimmt der BUND eine Konzeption, die sich bereits in der Stadt Freiburg erfolgreich bewährt haben soll: In Zusammenarbeit mit einer Werbefirma schickt der Verband in den kommenden vier Wochen fünf StudentInnen durch die Bremer Stadtviertel, die FördererInnenwerbung an der Haustür betreiben. Mitglied des BUND müsse niemand werden, aber wenn einige als FördererInnen oder auch als „PatInnen“ des BUND nur monatlich beziehungsweise jährlich eine Spende abgeben könnten wäre dem BUND schon sehr geholfen, betont Wietschorke. Als Gegenleistung bekommen sie viermal im Jahr die Verbandszeitung „Natur und Umwelt“ und einmal pro Jahr einen Projektbericht, in dem genau beschrieben wird, wofür das gespendete Geld ausgegeben wurde. Überhaupt sei die Spendenmotivation der Leute höher, wenn sie sicher sein können, daß ihr Geld wirklich nur zu Umweltschutzzwecken ausgegeben werde, meint Wietschorke.
Zwar ist es, so die Naturschützer, eher wahrscheinlich, daß lediglich diejenigen –ranzukriegen sind, die ohnehin schon Interesse für den Umweltverband zeigen. Jedoch hoffen sie, durch diese Aktion ein Stück Lobbyarbeit für die Umwelt zu leisten und auch Leute zu erreichen, die sich sonst eher weniger im ökologischen Dunstkreis aufhalten. Und daß das mit den fünf jungen, dynamisch-sympathischen und auch noch österreichischen (!) StudentInnen kein Problem sein wird, hofft besonders Projektleiter Wolfgang Schönhacker. „Es sind Österreicher, weil bei ihnen die Ferienzeiten anders geregelt sind, als hier“, erklärt er in breitestem Österreichisch. Ausgerüstet mit BUND-T-shirts, Infomaterial und Ausweisen können sie sich jeden Vorwurf der illegalen Geldeintreiberei als „Drückerkolonne“ entgegenstellen. Immerhin – 60 FördererInnen können sie seit vergangenen Donnerstag schon auf ihrer Liste verbuchen. Sie werden unter anderem das anstehende Projekt „Flußniederungen im Bremer Becken“ mitfinanzieren, und vielleicht ja sogar doch den „BUNDspecht“ erhalten können. Denn nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“ könnte der BUND auch mit dem Verkauf von umweltfreundlichen Produkten Finanzlöcher stopfen. So nutzte Wietschorke zu Beginn der gestrigen BUND-Pressekonferenz gleich die Gelegenheit und schob vorab einen kleinen Hausinternen Werbeblock zwischen. „Ich freue mich, daß sie heute trotz der hohen Ozonwerte dwn Weg zu uns gefunden haben“, begrüßte er die ganzen zwei Presseverterinnen, da hätte ich doch gleich etwas, was vielleicht auch für die Verbraucher interessant sein könnte: Unser neues „Ozonofix“, die Messkarte zu eigenen Ozonwert- bestimmung für empfindliche Personen ist jetzt bei unserem „BUNDspecht“ Umweltladen erhältlich!“
rem
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