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Friedensflotte gegen Frankreich

■ Schweden kritisiert auf der Außenministerkonferenz der EU die französischen Atombombentests. Anschlag auf TGV-Zug in der Schweiz. Boykottaufrufe werden in Deutschland wenig befolgt

Berlin (dpa/AP/taz) – Heute morgen hat die Rainbow Warrior II den Hafen von Papeete wieder verlassen. Mitte August dürfte das Flagschiff von Greenpeace erneut das Moruroa-Atoll erreicht haben, wo die französische Regierung im September Atombomben testen will. „Greenpeace wird so lange nach Moruroa zurückkehren, wie Frankreich dort Atomtests unternimmt“, sagte gestern eine Sprecherin an Bord des Schiffes. Sie rief vor Beginn der neuen Protestfahrt dazu auf, eine „Friedensflotte“ zu bilden, die „Menschen in der ganzen Welt im Protest gegen die Atomtests vertreten“ soll.

Der Aufruf ist erhört worden. Insgesamt 57 Schiffe aus Australien und Neuseeland bereiten sich darauf vor, ebenfalls Moruroa anzulaufen. Die neuseeländische Regierung hat angekündigt, ein Schiff ihrer Marine mit auf die Protestfahrt zu schicken. Das Kriegsschiff werde unbewaffnet sein, versicherte ein Regierungssprecher.

Frankreichs Staatspräsident Chirac müsse isoliert werden, forderte gestern die deutsche Greenpeace-Sprecherin in Hamburg. Mit einem Boykott französischer Waren ließen sich die Atombombentests jedoch nicht verhindern, eine Regierung könne nur „auf einem sehr langen Umweg“ zum Einlenken gebracht werden. Die Sprecherin rief dazu auf, Protestschreiben an den französischen Präsidenten zu richten. In Brüssel, wo sich die Außenminister der EU trafen, um über ihre Politik in Bosnien zu sprechen, appellierte die schwedische Außenministerin Lena Hjelm Wallen an Frankreich, „die Entscheidung zur Wiederaufnahme der Atombombentests zu überdenken“. Auch Dänemark, Finnland, Irland, Luxemburg, die Niederlande und Österreich hätten sich kritisch geäußert, meldet Reuter.

Sechs andere Länder der Europäischen Union kritisierten den Testbeschluß. Frankreichs Außenminister Herve de Charette wies die Kritik jedoch zurück. Die Proteste beim Auftritt Chiracs vor dem Europaparlament seien der „schlechteste Weg“ gewesen, die französische Politik zu beeinflussen.

Völlig undiplomatisch haben Testgegner in der Schweiz einen Brandanschlag auf einen französichen TGV-Zug verübt. Die Polizei berichtet, daß der Lokführer bei der Ausfahrt aus einem Tunnel bei Bern plötzlich „eine Flammenwand“ vor sich gesehen habe. Er leitete die Schnellbremsung ein. Verletzt wurde niemand, der Zug fuhr nur leicht beschädigt weiter. „Chirac, stop it“, fordert ein Bekennerschreiben, das die Aktion als „Teil der internationalen Protestbewegung gegen die Atombombenversuche“ darstellt.

„Frankreich gibt ein schlechtes Beispiel“, sagte Hiroshimas Bürgermeister in einem Fernsehinterview. Die geplanten Tests seien ein Verrat an der gesamten Menschheit. Überlebende des ersten Atombombenabwurfs auf Hiroshima drohen mit einem Boykott französischer Waren.

In Deutschland werden die Boykottaufrufe, denen sich der BUND und die Internationalen Ärzte zur Verhinderung des Atomkrieges (IPPNW) angeschlossen haben, kaum befolgt. „Das wird ein Flop“, sagte gestern der Sprecher des Einzelhandelsverbandes. Die französischen Weine und Käsesorten seien in den letzten Tagen unvermindert weiter gekauft worden. nh

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