Kommentar: Unmenschlich
■ Erst zermürben, dann deportieren
Was muß in einem Menschen vorgehen, der sich mit folgenden Worten an den Bürgermeister wendet: „Bitte versuchen Sie, die Richter und das Ausländeramt zu überzeugen, mich in meine Heimat Liberia zu bringen“. Der Mensch sitzt seit einem halben Jahr im Verlies der Ostertorwache und wartet darauf, ausreisen zu können, freigelassen zu werden, daß Frieden in seiner Heimat einkehrt. Geflohen ist er vor den Schrecken der Bürgerkriegsarmeen. Mittlerweile hat ihn die deutsche Asylpraxis zermürbt. Lieber in Liberia leben und vielleicht sterben als im Abschiebegefängnis darben.
Wer oder was gibt der Bremer Ausländerbehörde das Recht, Menschen gegen ihren Willen oft monatelang festzuhalten? In Bremen gibt es keine „Abschiebeordnung“, die rechtlich regeln würde, was polizeilich an der Tagesordnung ist. Kommt ein abgelehnter Asylbewerber der Aufforderung nach Ausreise nicht nach, begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Keine Straftat. Behandelt wird er allerdings schlimmer als ein Straftäter: Er behält seine privaten Kleidungsstücke, wenn es nur eine Garnitur ist, gibt es aus deutschen Amtsstuben nur ein Achselzucken. Telefonieren? Fehlalarm, desgleichen private Besuche. Eine Stunde Hofgang, ein bißchen Fernsehen müssen reichen. Wer dabei gegen die Menschlichkeit handelt, liegt auf der Hand. Menschen jetzt aber auch noch in fremde Länder zu deportieren, da kommen böse Erinnerungen hoch. Ulrike Fokken
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